... und wieder 18 Bücher, ganz kurz

... und wieder 18 Bücher, ganz kurz
Diesmal mit dem Scatman, mit rettenden Schallplatten, Gerhard Polt, einem Schäfermischling, drei Krimiserien ...

„Ba-Baba-Bou“ gegen die Behinderung

Graphic Novel 1. Der Amerikaner John Larkin stotterte. Er redete wenig. Er trank. Nahm Drogen. Mit Musik befreite er sich. Als Scatman John und „Ski Ba Bop Ba Dop Bop“ wurde er in den 1990ern weltberühmt. Das Comic-Porträt des Deutschen Jeff Chi „Who’s the Scatman?“ (Zwerchfell Verlag) ist zwar eine traurige Lebensgeschichte, aber kann Mut machen.

Zeichnung oben aus dem Buch

Jeff Chi:

"Who's the Scatman?"

Zwerchfell Verlag. 248 Seiten. 30,90 Euro.

KURIER-Wertung: ****

 

Über Marlene kann man streiten

Berlin. Geschichtsschreibung, wie sie der Pole Szcepan Twardoch seit dem Roman „Morphin“ (2014) praktiziert, ist gewaltig und erotisch und geht in Hirn und unter die Haut. Über manche Effekte (Auftritt von Marlene Dietrich) lässt sich streiten. „Demut“ über die Zwischenkriegszeit zeigt die Welt, die nicht weiß, wohin. Wie soll  ein Einzelner im explosiven Berlin seinen Weg finden?

Szcepan Twardoch:
 „Demut“
 Übersetzt von Olaf Kühl.
Rowohlt Berlin Verlag.
464 Seiten. 25,95 Euro

KURIER-Wertung: ****

 

Verführung zum Lesen, 364-mal

Porträts. Es ist zum Verrücktwerden, wenn man bei allem Ungelesenen jetzt auch noch über 364 jüdische Autorinnen und Autoren ab 1833 informiert wird und von vielen nichts wusste und unbedingt etwas lesen will. Die Kurzporträts von Appelfeld  bis Max Zweig  leben, weil sie mit Zitaten aus deren Autobiografien angereichert wurden.   Historikerin Evelyn Adunka erreicht höchste Leseverführung

Evelyn Adunka:
„Meine jüdischen Autobiografien“
 Theodor Kramer Gesellschaft.
616 Seiten.
30 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

 

Mit dem Urwald verschmelzen

Natur. Anfangs glaubt man, der Roman mache sich lustig über Leute, die Bäume umarmen und mit ihnen reden. Ist aber ganz und gar nicht so. Redet nur! Eine Frau ist aus ihrem bisherigen Leben ausgestiegen und mit dem Urwald in Polen verschmolzen. Eine Journalistin sucht sie. Viele interessante Sätze stehen da, etwa: „Ihr wollt die Natur, solange sie nicht natürlich wächst.“

Edie Calie:
„Erzähl es den Bäumen“
 Milena Verlag.
288 Seiten. 24 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Wein korkt auch ohne Korken

Gerhard Polt. Sagt jemand „Hören Sie mal gut zu“, hat er schon ausge ... verloren. So einer ist  Porschefahrer Schmitz-Zceisczyk, Haus am Tegernsee, Villa auf Mallorca. Gerhard Polt spielt ihn, so stellt man sich’s beim Lesen der Monologe vor. Wenn Schmitz-Zceisczyk sagt, der Wein korkt, dann hat er zu korken. Auch wenn die Flasche Schraubverschluss hat. Heiter unsympathisch.

Gerhard Polt:
„Dr. Arnulf Schmitz-Zceisczyk“
 Verlag Kein & Aber.
144 Seiten.
22,70 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Hundefreunde werden weinen

Hund. Seit sein Herrl tot ist, läuft der Schäfermischling Tamon durch Japan und bekommt viele Besitzer. Ihnen  allen geht’s gar nicht gut, und ihnen allen ist der Hund hintereinander treu und bringt Zuversicht – trotz Nuklearkatastrophe und Erdbeben. Ein japanischer Bestseller,  nur darauf aus, dass es uns Tränen in die Augen treibt. Das schafft er. (Außer man mag nur Katzen.)

Seishū Hase:
„Tamons Geschichte“
 Hoffmann und Campe Verlag.
288 Seiten.
24,95 Euro

KURIER-Wertung: *** nd ein halber Stern

 

Nach "Conan" lieber langsam

Graphic Novel 2. Wahrscheinlich der letzte Höhepunkt im Werk des Comiczeichners und Autors  Barry Windsor-Smith („Conan“ ab 1970). Eine langsame Erfahrung:  35 Jahre arbeitete der heute 72-Jährige an der Geschichte eines gequälten Mannes: Gequält zuerst vom Vater, dann von Verrückten in der US-Armee. Sie machten ihn unansehnlich wie „Hulk“,  aber die Monster sind andere.

Barry Windsor-Smith:
„Monster“
 Übersetzt von Jano Rohleder
und Rowan Rüste. Verlag Cross Cult.
368 Seiten. 41,95 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

 

"Space in Time" war die Erlösung

Rock und Pop. „Donauland“ war in den 1970ern die Erlösung für den Buben aus der steirischen Provinz: Zwischen den Peter Alexander-Platten gab es Ten Years After, „Space in Time“, 150 Schilling. Thomas Griessl führt anhand von Ten Years After, Bob Dylan, Led Zeppelin, Jimi Hendrix ... durch die Kindheit eines Außenseiters. Man weiß es eh, spürt es  hier besonders: Musik tröstet. Man spürt aber  auch: Die Jugend ist zu Ende.

Thomas Griessl:
„Heart of Gold“
 Milena Verlag.
160 Seiten.
24 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Viele Sätze sind diesmal ganz

Serie 1. Schnell, schneller,  Aichner. Normalerweise ist das so. Diesmal ist der Tiroler etwas langsamer. Es gibt sogar vollständige Sätze. Deshalb atmet man beim Lesen ruhiger. „Brennweite“ ist der dritte Thriller mit dem Pressefotografen Bronski. Ein Mönch, der angeblich Wunder vollbringt, muss  entlarvt werden. Lieblingssatz: „Schwule Mönche schlafen nicht mit schönen, jungen Frauen.“ 

Bernhard Aichner: „Brennweite“
 btb Verlag.
352 Seiten.
17,50 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Wanderung mit Würstelaroma

Wien. Wien erschnuppern, das ist so eine  Sache, von der nicht jeder weiß: Eine geführte Wanderung mit Würstelstand-Aroma, Meinl-Kaffee-Duft, Puffluft, Apfelstrudel-Geruch aus dem Café Jelinek ... Oder am Sonntag „Tatort“ schauen im Schikaneder Kino. Viele Entdeckungen überraschen sogar Auskenner. Ein solches „Spontan“-Buch gibt’s auch über den Gardasee.

Alexandra Gruber und Wolfgang Muhr:
„Spontan in Wien“
 Styria Verlag.
208 Seiten. 25 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Genug von der "Millennium"-Reihe

Serie 2. Der Schwede David Lagercrantz hat genug davon,  nach Stieg Larssons Tod dessen „Millennium“-Trilogie fortzusetzen. Er beginnt Neues bzw. mit einem genialen, drogenabhängigen Psychologen ... einem modernen Sherlock Holmes mit einer Polizistin als Dr. Watson-Ersatz.  Ein Fußballschiedsrichter wird ermordet, die Lösung findet man logischerweise ... bei den Taliban.

David Lagercrantz:
„Der Mann aus dem Schatten“
 Übersetzt von Susanne Dahmann.
Heyne Verlag.
480 Seiten. 24,70 Euro

KURIER-Wertung: ****

 

Schnittlauch muss man schneiden

Küche 1. Einen Bund Schnittlauch sollte man nicht in die Suppe werfen. Hier steht es:  vorher schneiden! Und Käse auf die Nockerln REIBEN. Das ist ein heiteres Kochbuch für Anfänger. Noch ist kein Koch vom Himmel gefallen. So kann bei Gulasch, Knödel, Zander, Spargel ... nichts passieren. Motto der schreibenden, kochenden Eheleute: Das beste Restaurant ist meine Küche.

Nadja Rösner-Krisch und Erich Schirnhuber:
„Die Kunst à la carte zu kochen“
 Edition Roesner.
200 Seiten. 29,90 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Eierkartons sehen ungesund aus

Notstand. Die Vorfreude auf den zweiten Roman des Journalisten Wolfgang Knabl aus Neusiedl war – nach „ Notstand“ –  berechtigt. In „Johnny Endlich“ holen sich Zwei – Redakteurin und Bundesheeroffizier –, was ihnen das Leben freiwillig nicht gegeben hat. Höchst unkorrekt. Aber danach haben die Gesichter nicht mehr die ungesunde Farbe von grauen Eierkartons.

Wolfgang Knabl: „Johnny Endlich“
 Bibliothek der Provinz.
328 Seiten.
28 Euro

KURIER-Wertung: ****

 

Das Zuhause wird essbar

Garten. Fisolen, die sich in rollenden Töpfen ranken, als Raumteiler – eine Bar voller Salatpflanzen – eine Wand mit Veilchen und Erdbeeren. So macht man sein Zuhause essbar. Angeblich.  Dass Kürbisse u.s.w. kaum Licht brauchen, war nicht klar. Aber bittesehr, es gibt Bastelanleitungen, die Ideen  klingen gut, und Nacktschnecken sind daheim viel seltener als im Garten. 

Lucy Hutchings:
„Get up and Grow“
 Übersetzt von Sharif Bitar. Illustriert von Amber Day. AT Verlag.
160 Seiten. 29 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Es muss nicht gerechter werden

Matriarchat. Die Frage lautete: Wird die Welt gerechter, sozialer, liebevoller, wenn Frauen an der Macht sind? In 20 Texten wird geantwortet, und es gibt kein eindeutiges „Ja“. Nicht, weil auch Männer unter den Autoren sind. Sondern weil Hierarchien generell auseinander genommen werden. Lieblingssatz der Sammlung (von Sophia Süßmilch aus Berlin): „Das Matriarchat hat rote Haare.“

Tanja Raich (Hg):
„Das Paradies ist weiblich“
 Kein & Aber Verlag.
256 Seiten.
24,95 Euro

KURIER-Wertung: ****

 

Die Hand des Kochs hat Geschmack

Küche 2. In Korea gibt es das Wort sonmat, „Geschmack der Hände“. Weil  Hände, die das Essen zubereiten, wie ein Gewürz sind. Im Kochbuch der Südkoreanerin Ae Jin Huys lernt man fermentiertes Gemüse, Kimchi, kennen. Sogar mikrobiologisch. Dann werden damit Zucchiniblüten gefüllt, Palatschinken zubereitet ... Salz, 2 % des Gemüsegewichts, ist leider  stärkster Geschmack.

Ae Jin Huys:
„Kimchi“
 Prestel Verlag.
216 Seiten.
26,80 Euro

KURIER-Wertung: ****

 

Erinnerung an Miss Marple

Serie 3. Es ist dieser starke Kontrast: Brutale Verbrechen, diesmal von Mafiosi, denen Diamanten abhanden gekommen sind – auf der anderen Seite nette alte Leute einer noblen Seniorenresidenz, die diskutieren: Darf ein Hund seine Besitzer überleben? Und dann der Zusammenprall der beiden Gruppen. Zweiter Krimi des Londoner TV-Moderators Osman, der gut unterhält.

Richard Osman:
„Der Mann, der zweimal starb“
Übersetzt von Sabine Roth.
List Verlag.
448 Seiten. 17,50 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

Ein Weltreisender beim Essen

Küche 3. Falls man in Macau Schweinskotelett-Brote isst: Bourdain war schon da. Und in Ghana Banku in Pfeffersauce: Bourdain war Erster. Der reisende New Yorker Koch, 2018 gestorben, war überall für seine TV-Shows essen. In Wien beim Urbanek am Naschmarkt. Das Buch fasst zusammen. Bourdains Witz, der Chicken McNuggets mit Warzenschweinanus verglichen hat, fehlt.

Anthony Bourdain (mit Laurie Woolever): „World Travel“
 Übersetzt von H. Schlatterer, M. Zettner, U. Held, I. Juhasz.
Ullstein. 576 Seiten. 25,70 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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