Tony Burgess kommt in "Idaho Winter" lustvoll die Erzählung abhanden
Idaho Winter will man nicht sein. Denn niemand mag Idaho Winter. Der Bursche wird schon in den ersten Seiten des gleichnamigen Romans von Tony Burgess mit einfallsreichstem Hass überzogen. Verschiedenste Ideen, wie Idaho Winter umgebracht werden könnte, werden nicht nur von Mitschülern, sondern auch von Nachbarn (von Hunden zerfleischen lassen) und Lehrern (vom Auto überfahren lassen) gewälzt. Jedes Mal tappt man als Leser in die Falle, dass doch jemand ein Fünkchen Empathie hat. Aber nein. Recht schnell kommt es zur Gewalteskalation und plötzlich ist der Roman ein ganz anderer. Idaho Winter reißt die unfassbar unfaire Geschichte an sich, der Erzähler kann nur mehr hinten nachstolpern.
Was bitte passiert hier?
Burgess spielt mit den Lesererwartungen in dieser abgefahrenen Abstrusitätenexplosion eines Horror-Romans, in der plötzlich andere Erzähler am Rücken von Figuren wachsen und Punkrocker eine genauso ernsthafte Bedrohung wie Dinosaurier sind.
Im Meta-Grusel kennt sich Burgess aus. In seinem Roman "Pontypool", der auch verfilmt wurde, erzählte er von einem Virus, das einzelne Worte der Sprache befällt und sich so verbreitet. In "Idaho Winter" dreht er die "Was um Himmels Willen passiert hier?"-Spirale noch etwas weiter. So schillernd, grauslich und kurzweilig war Literatur über die Entstehung von Literatur noch selten.
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