Stephen King: Ein Profikiller und die Alltagsungeheuer
Stephen King wird langsam unheimlich.
Erstens sowieso. Zweitens, weil er nicht nachlässt, im Gegenteil. Drittens, weil der 73-jährige keinen Horror braucht, um den Königstitel verliehen zu bekommen. „Billy Summers“ beginnt mit einer „ausgelutschten“ Verbrechergeschichte – und ist exzellent.
Ein Mann zwischen 40 und 50 sitzt auf der Straße und wartet, dass er zu einem Geschäftstermin geholt wird. Er blättert in einem Comicheft für Teenager.
Damit täuscht er vor, nicht der Hellste zu sein. Ist in seinem Gewerbe besser so. Aber er denkt inzwischen über Zola und „Thérèse Raquin“ nach und würde gern einen Essay darüber schreiben. So stellt King den Auftragskiller Billy Summers vor, einen ehemaligen US-Soldaten, der sich einredet, immer nur böse Menschen getötet zu haben.
Im Versteck
Einen letzten Auftrag nimmt er an: Billy Summers erschießt einen „unehrenhaften“ Kollegen, der sogar Leute umbringt, weil er gegen sie beim Pokern verloren hat.
Aber etwas geht schief. Nicht nur das FBI verfolgt ihn, sondern auch Gangster sind hinter ihm her. Man kennt solches zur Genüge. Stephen King macht es anders. Besser.
Nicht nur, dass Billy Summers im Versteck seine Lebensgeschichte aufschreibt und dieses Buch im Buch genauso unterhaltsam ist: Er beobachtet aus dem Fenster, wie Männer eine junge Frau aus dem Auto werfen. Ihr Vergewaltigungsopfer.
Billy Summers trägt die Bewusstlose in seinen Unterschlupf. Dass er sich später in Gefahr begibt, um für sie die „Pille danach“ zu organisieren, wird sich auch in der Verfilmung gut machen.
Es gibt viele nette Menschen, mit denen Billy Summers Kontakt bekommt. Und Alltagsungeheuer. An ihnen ist Stephen King am meisten interessiert. Donald Trump wird deshalb oft im Zorn erwähnt. Weil Trump die Maske abnahm und rief: „Mutige Amerikaner brauchen diese gottverdammten Dinger nicht.“
Im Interview mit dem Rolling Stone-Magazin erinnert King an Gerald Ford, den 38. US-Präsidenten: Auf dem Weg zum Kapitol würde er jedem Bettler ein Lunchpaket geben. Aber im Kapitol stimmt er gegen den Plan, armen Kindern in der Schule ein Gratismittagessen zu gewähren.
Stephen King: „Billy Summers“
Übersetzt von Bernhard
Kleinschmidt.
Heyne Verlag.
720 Seiten.
26,80 Euro
KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern
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