Roman über eine verseuchte Welt: Ein Oktopus frisst den Krebs

Roman über eine verseuchte Welt: Ein Oktopus frisst den Krebs
Große, surreale Momente in "Was ich im Wasser sah" von der Burgenländerin Katharina Köller

Sie will keine Brüste. Der Psychologe im Spital versucht, ihr nach der Brustkrebsoperation Silikon einzureden. Er sagt: Das greife sich echt an. Ihr Freund greift auch zu. Und findet es ebenfalls gut.

Ihr wird übel.

So beginnt „Was ich im Wasser sah“, der erste Roman der gebürtigen Eisenstädterin Katharina Köller (Foto oben). Aber dass sie nicht erst mit dem Schreiben begonnen hat, spürt man in jeder vibrierenden Zeile. Von ihr gibt es viele Texte fürs Theater, für den aktuellen Text ist die Bühne zu klein.

Nun ist Brustkrebs kein Thema, mit dem man gern konfrontiert wird. Aber Klarissa, die Ich-Erzählerin, hat’s hinter sich. Keine Metastasen. Und – sie hat sich gegen Silikon entschieden – keine Brüste: Einen großen Oktopus ließ sich Klarissa über die Narben tätowieren. Denn Oktopoden fressen den Krebs.

Radioaktiv

Jahrelang versteckte sich die junge Frau, die sich als „Un-Frau “ fühlt, vor ihrer Familie in einer „großen Stadt auf dem Festland“. Film hatte sie studiert, jetzt arbeitet sie als Burger-Braterin. Den Freund hatte sie sofort verlassen.

Der Bruder findet Klarissa und bringt sie auf die Insel zurück. Insel bedeutet Schutz, Heimat, die Insel ist das Ei, und dort, die blaue Straße entlang, steht auf einer Klippe das blaue Wirtshaus „Zur schwankenden Weltkugel“, das ihr Vater führt.

Viele Geschichten über die Suche nach einem Raum, in dem man selbst bestimmen kann, tauchen auf.

Klarissas schöne Schwester lebt hier, die gar nicht ihre Schwester ist. Ein Konzern, der nicht nur eine Fastfood-Kette betreibt, sondern auch Windräder, will die Inselbewohner aussiedeln. Die Heimat, das Ei, ist in Gefahr.

Von der Notlage einer einzelnen Person führt der Weg zur Not der Menschheit. Der Vater hat Lungenkrebs. Die Mutter ist an Krebs gestorben. Die Stiefmutter stirbt an Krebs. Das Kind des Bruders ist behindert. „Was ich im Wasser sah“ entwickelt sich (fast) zum radioaktiven Umweltthriller.

Die Welt schwankt – wir alle suchen ein Mittel, um nicht ins Nichts zu stürzen. Katharina Köller braucht für ihr Buch-Theater surreale Momente. Es fällt schwer, beim Lesen Pausen einzulegen.

 

Katharina
Köller
: „Was
ich im Wasser sah“
Frankfurter
Verlagsanstalt.
320 Seiten.
20,70 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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