Bis 1990 gab es wenig Lesepublikum, das seinen Kurzgeschichten für etwas anderes als Schund hielt.
(Daran änderte kaum etwas, dass „unser“ H.C. Artmann früh anders gedacht und für den
Suhrkamp Verlag 1972 Lovecraft übersetzt hatte.)
Ständig notierte er seine Einfälle: Eine in Stein gemeißelte Hand erwürgt seinen Schöpfer.
Ein Mann verabredet sich mit seinem alten Feind – und stirbt zwar, aber seine Leiche hält die Verabredung ein ...
Das waren jetzt aber die harmlosesten Sachen, außerdem war die Handlung für Lovecraft – kleines Foto oben – sowieso weniger wert als die Atmosphäre:
Brücken müssen über schleimig-schwarzes Wasser führen, in einer uralten Wüste steht ein uralter Monolith, auf einem Relief sind gottlose Fischfrösche, und über allem liegt ein Schleier von Ruhelosigkeit.
Lovecraft legte Nachdruck auf „raffinierte Andeutungen“; wichtig sind beim Schreiben unheimlicher Erzählungen „kaum wahrnehmbare Andeutungen und ein Hauch sparsamer assoziativer Einzelheiten, die Stimmungsschattierungen ausdrücken und eine vage Illusion der seltsamen Wirklichkeit des Unwirklichen aufbauen“ (H.P. Lovecraft ,1927).
Der Frankfurter
Fischer Verlag legt zurzeit das Gesamtwerk auf. Band eins ist erschienen, der abschließende Band zwei folgt nächstes Jahr. Außerdem: ein Paperback-Lesebuch mit 14 Erzählungen zum Hineinschnuppern in die Schreckenswelt.
Anfangs an Poe orientiert, hob Lovecraft bald ab zu finsteren Sternen, zum „kosmischen Grauen“, wo der Tod den Tod besiegt. Am bekanntesten ist der Cthulhu-Mythos mit den Großen Alten und den krebsartigen Fungi vom Yuggoth. Das sind außerirdische Wesenheiten, die nicht mit Silberkugeln zu vertreiben sind.
„In seinem Haus in R’lyeh wartet träumend der tote Cthulhu.“
Damit konnte der US-Schriftsteller die Machtlosigkeit der Menschen zeigen und die Unerträglichkeit dessen, was wir nicht einmal ahnen. Die Türen öffnen sich immer nur einen
Spalt. Es reicht, um sich rasch wieder auf unsere geruhsame Insel der Unwissenheit zurückzuziehen.
H.P. Lovecraft. Das Werk. Herausgegeben von
Leslie Klinger. Kommentierte Ausgabe. Neu übersetzt von Andreas Fiedler und Alexander Pechmann. Fischer Verlag. 912 Seiten. 80,20 Euro.
Cthulhus Ruf. Das Lesebuch. Fischer Verlag. 464 Seiten. 17,50 Euro.
Bild oben:
Der Japaner Gou Tanabe zeichnete Lovecraft: Ausschnitt aus dem Buch „Der Hund“, Carlsen Verlag, 12,40 Euro
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