Hervé Le Tellier: Mehr als ein Name an der Wand

322 Einwohner hat die Gemeinde Montjoux in der Auvergne. Hier sucht sich Hervé Le Tellier im März 2020 ein Haus, das er zu „seinem Geburtshaus“ machen will. Die frühere Bewohnerin, eine Keramikerin, nimmt ihre Schilder an den Außenmauern ab und da erkennt er einen Schriftzug: André Chaix. Noch ist das „nur ein Name an der Wand“. Bis er diesen Namen auf einer Gedenktafel für Widerstandskämpfer im Dorf entdeckt.
Er wird über André Chaix schreiben und bittet den Leser im Voraus um Verzeihung, falls ihm ein zu „dick aufgetragener Satz“ herausrutschen sollte. Das wird nicht passieren. Hervé Le Tellier ist ein diskreter Erzähler, der behutsam von diesem jungen Mann berichtet, in dessen Geburtshaus er sich nun einquartiert hat.
André Chaix starb mit zwanzig Jahren. Seine Eltern verließen den Ort nach seinem Tod, sie lebten noch ein halbes Jahrhundert mit der Tauer. Le Tellier nähert sich diesem kurzen Leben taktvoll und doch eindringlich. Vier Jahre, nach dem er für den Roman „Die Anomalie“, eine Mischung aus Thriller, Komödie und großer Literatur, mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde, erzählt Le Tellier hier fast dokumentarisch, zugleich aber auch sehr persönlich von einem tatsächlich gelebten Leben. Samt Parallelen zum Heute: Der Lauf der Welt verlange dringend weiteres Reden über Faschismus .

Hervé Le Tellier:
„Der Name an der Wand“.
Ü.: Romy und Jürgen Ritte.
Rowohlt.
160 Seiten.
25,95 Euro