Édouard Louis: Zur Befreiung kam die Deneuve auf eine Zigarette

Édouard Louis: Zur Befreiung kam die Deneuve auf eine Zigarette
Der neue Roman des Franzosen ist ein zartes Porträt seiner Mutter. Ein Dialog mit ihr

So kann man sich täuschen: Ein kämpferischer Roman über Arbeiter wurde erwartet ... nach „Wer hat meinen Vater umgebracht“. Mit diesem Buch hat er Vater verziehen, der ihn wegen seiner Homosexualität demütigte. Verziehen, weil Vater selbst Opfer war: Nach einem Unfall in der Fabrik konnte er nur als Straßenkehrer arbeiten; und musste sich von Macron sagen lassen: Wer sich keinen Anzug leisten kann, ist ein Faulpelz. Das ärgert. Édouard Louis - Foto oben - war in der Lage, seine Sätze in Messerklingen zu verwandeln.

Stiche

Aber „Die Freiheit einer Frau“ ist das zärtliche Porträt seiner Mutter, ein Dialog mit ihr, die lange Zeit keine eigene Geschichte haben durfte. Jede Seite, gefüllt mit Armut, Unglück, Aggression, ist ein Stich ins Herz. Man überlebt, es sind wenige Seiten. Mutter befreit sich. Zieht nach Paris. Lässt sich vom erfolgreichen Sohn auf Champagner einladen. Raucht mit Catherine Deneuve eine Zigarette ... das ist eine Erleichterung, auch für die Leser.


Édouard Louis: „Die Freiheit einer Frau“
Übersetzt von
Hinrich Schmidt-Henkel.
S. Fischer Verlag.
96 Seiten.
17,95 Euro 

KURIER-Wertung: ****

Kommentare