Der Roman "Das Palais muss brennen": Rebellion der Kinder gegen rechts

Der Roman "Das Palais muss brennen": Rebellion der Kinder gegen rechts
Mercedes Spannagel: Selbstsicheres, freches Debüt mit einer "Mutter Bundespräsidentin"

Gar nicht so einfach zu entscheiden, ob sie miteinander schlafen sollen.

Über ein derartiges Problem haben schon vor Jahren Die Toten Hosen gesungen.

Luise sagt, sie hätte lieber kein rechtes Gedankengut in ihr drinnen.

Theodors Vater ist nämlich ein superrechter Politiker und schlagender Burschenschafter.

Und auch Luise hat einen Hintergrund, der Angst macht: Ihre Mutter ist die österreichische Bundespräsidentin, die ganz im Dienste der rechtsextremen Regierung steht.

(Und die bei öffentlichen Anlässen niemals die Zeile „Heimat großer Töchter“ mitsingt. Aber vielleicht geniert sie sich ja nur.)

Aber die erwachsenen Kinder sind anders. Sie rebellieren. Also können sie miteinander, hurra ...

Maschinenbau

Das Debüt der 25-jährigen Wienerin Mercedes Spannagel (Foto oben) ist so massiv gebaut, so sicher, so selbstsicher (und jung und frech sowieso), dass man kaum auf die Idee kommt, daran Kritik zu üben: Muss schon wieder ein Joint gedreht werden? Muss es in Mutters Palais überall Sex geben, sogar im türkisfarbenen Zimmer?

Spannagel studiert Maschinenbau. Einmal hat sie gesagt, sie möchte Geschäftsführerin bei Daimler werden.

Der Motor ihres Debütromans sind die Versuche der Töchter Luise und Yara, der „Bundespräsident Mutter“ Widerstand zu leisten. Orientierung fehlt ihnen zwar, aber DIESE Orientierung haben sie.

Zum Beispiel legt sich Luise einen Mops zu. Mutter hat neun Windhunde. Der Mops heißt Marx.

Ist die Elite zum Essen eingeladen, bekommt Marx demonstrativ mit dem goldenen Löffel Foie gras.

Bittet Mutter eine Jagdgesellschaft in ihr Palais, werden die Gewehre im Pool versenkt.

Und fällt den jungen Frauen keine neue Aktion ein, dann geschieht zumindest das hier:

„Unsere Nippel schauen nun als stiller Protest in den Himmel.“

Das ist kein Mutter-Tochter-Konflikt. Mercedes Spannagel inszeniert Gut gegen Böse – wobei das Böse im Roman so gut wie nie böse sein darf.

Manchmal stottert der Motor etwas.

Warum die Bundespräsidentin letztlich aus dem Amt gejagt wird, ist nicht originell, aber bestens vorstellbar.

Mercedes Spannagels deutscher Verlag lobt die Sprache, „die jedem mensurwütigen Burschenschafter den Säbel aus der Hand schlägt.“

Die Sprache ist tatsächlich schneidend, wird aber eher zum Kitzeln eingesetzt.

Burschenschafter halten, wie man in Österreich gemerkt hat, viel mehr aus.

Zum Mitnehmen 1 (von Seite 65): Jutebeutel sind in Ordnung, wenn auf ihnen steht: My other bag is Chanel.

Zum Mitnehmen 2 (von Seite 82): Typischer Juristentick: Alles ist monoton, nur die Socken sind irgendwie pervers.

 

Mercedes Spannagel:
„Das Palais
muss brennen“
Kiepenheuer
& Witsch Verlag.
192 Seiten.
18,50 Euro

KURIER-Wertung: ****

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