Aber mehr interessierte ein Arbeitsloser, der auf dem Dach sitzt und nicht einmal mehr mit seiner Frau reden will (die ihr drittes Kind erwartet).
Im KURIER-Interview sagt Mishani: „Es ist verstörend, dass Thriller aus Amerika – und manchmal auch aus Skandinavien – so aussehen, als wären sie miteinander im Wettstreit: In welchem Buch werden die meisten Menschen umgebracht? Welcher Autor lässt am grausamsten und originellsten morden?“
Krimis brauchen nicht viel Blut: Avi Avraham, mehr mit seelischen Wunden beschäftigt, machte den heute 44-jährigen Dror Mihani ab „Vermisst“ (2013) international bekannt.
„Drei“ (ohne Avraham) löste in Israel einen regelrechten Hype aus. Erst auf Seite 122 merkt man, dass es sich um einen Kriminalroman handelt.
Zu „Drei“ gehört Orna: Ihr Mann hat sich von ihr und dem kleinen Sohn getrennt, über ein Internetforum
lernt sie einen ebenfalls „Geschiedenen“ kennen. Verliebtsein ist das wirklich nicht, der Sex ist wenig faszinierend. (Wieso duscht der Kerl ständig?)
Aber man will ja halbwegs wieder normal leben.
„Drei“ ist auch die alleinstehende Emilia. Sie kam aus Lettland nach Israel. Als Pflegerin arbeitet sie; und als Putzfrau bei einem Anwalt, der sie bald zum Essen einlädt. Seine Finger sind teigig.
Aber Emilia ist einsam, sie braucht jemanden, der sie rettet.
Und unter den „Drei“ ist Ella. Sie ist verheiratet und braucht eine Pause von ihren drei Kindern. Im Café flirtet sie. Auch der Mann ist verheiratet.
Aber man könnte doch trotzdem übers Wochenende miteinander verreisen ...
Drei Frauen um die 40.
Ornas Bekannter ist Emilias Bekannter ist Ellas Bekannter.
Das kann man hier verraten. Das ist nicht das Überraschende.
„Drei“ ist überraschend; und weil es eine Menge zu erzählen gibt und der Roman intensiv und relativ kurz ist, fehlt bei Dror Mishani der Platz für Wischiwaschi.
Jeder Satz, jede Beschreibung, jeder Charakterzug muss sitzen wie das Plastiksackerl auf dem Kopf, das die Luft wegnimmt.
Nachher, wenn man mit dem Lesen fertig ist, wird man vielleicht versuchen, sich die Gesichter der Frauen vorzustellen. Ist schwierig. Die Trauer lässt sie verschwimmen. Trauer, schreibt Mishani, ist wie verschmiertes Make-up im Gesicht.
Dror Mishani:
„Drei“
Übersetzt von Markus Lemke.
Diogenes Verlag.
330 Seiten.
24,70 Euro.
KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern
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