Der Fehler, Ayelet Gundar-Goshen aus Tel Aviv nicht zu lesen

Der Fehler, Ayelet Gundar-Goshen aus Tel Aviv nicht zu lesen
"Wo der Wolf lauert": Was ist dem eigenen Sohn zuzutrauen? Wer kennt ihn wirklich?

Ehrlich: „Löwen wecken“ (2015) der israelischen Autorin Ayelet Gundar-Goshen wurde verabsäumt zu lesen, „Lügnerin“ (2017) ebenfalls. Jetzt wird das nicht mehr passieren ...

Die Mutter, sie ist die Erzählerin, weiß: Es gibt zwei Sorten von Burschen. Die einen gehen in den Karatekurs, die anderen gehen zur Schach-AG.

Ihr Sohn Adam spielt Schach. Die Schulkollegen, die auf dem Footballfeld übereinander herfallen, hält er für seltsame Kreaturen.

Die Mutter kennt ihren 16-jährigen Sohn gut. Kennt die Mutter ihren Sohn?

Ayelet Gundar-Goshen aus Tel Aviv ist studierte Psychologin noch dazu. Sie starrt gern Menschen an, wie andere aufs Meer starren; und interessiert sich für den Moment, an dem sich alles verändern. Das war in früheren Romanen der Moment, als ein Neurochirurg einen tödlichen Autounfall verursachte und Fahrerflucht beging. Das war, als die Wahrheit verschwiegen wurde, mit katastrophalen Folgen.

Meth

Im Original heißt das neue Buch, übersetzt, Versetzung: Aus beruflichen Gründen zieht die Familie aus Israel nach Kalifornien, Silicon Valley ist nah. In der Synagoge ersticht ein Attentäter ein Mädchen, das sich schützend vor die Großmutter stellte. Deshalb besteht Adams Mutter darauf, dass ihr Sohn einen Selbstverteidigungskurs besucht. Ihn leitet ein ehemaliger israelischer Elitesoldat, und nach dem Training findet der Schachspieler nichts dabei, einer Ratte das Genick zu brechen.

Dann stirbt auf einer Party ein Schulkollege. Einer, der Adam gemobbt hat. Ein Schwarzer. Er stirbt an Drogenmissbrauch. Die Polizei hat Hinweise, dass Adam Methamphetamin selbst herstellte und mit Rattengift anreicherte. Der Vater beschwichtigt, die Mutter hat Zweifel, Ängste, Vermutungen, und genauso geht es beim Lesen. Alles macht man mit ihr durch. Sie merkt als Erste: „Wo der Wolf lauert“.

Es ist nicht allein die Frage, was dem eigenen Kind Böses zuzutrauen ist. Eine erwachsene Nebenfigur rückt langsam ins Zentrum. Wobei es bei Ayelet Gundar-Goshen keine Nebenfiguren gibt. Nichts ist Staffage. Alle Auftritte haben Bedeutung.

Schon stellt man sich die Verfilmung vor. Noch beunruhigender kann sie nicht werden.


Ayelet Gundar-
Goshen:
„Wo der Wolf lauert“
Übersetzt von
Ruth Achlama.
Kein & Aber
Verlag.
352 Seiten.
25,95 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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