Buchkritik: Regine Koth Afzelius und "Der Kunstliebhaber"
Die Judith mit dem Haupt von Holofernes gefällt dem Leo, aber als der Kunstliebhaber unter den Besuchern im Kunsthistorischen Museum Claire sieht, ihren Nacken vor allem, ist er abgelenkt. Fortan doziert er über die italienische Renaissance und belehrt die Tierärztin, schwer auszuhalten, der Kerl. Aber Claire gefällt das. Sie könnte ebenfalls mit Wissen glänzen (zum Beispiel: bei Schweinen dauert der Orgasmus 30 Minuten). Doch lässt sie sich von Leos Leidenschaft anstecken und ist verliebt. Er ja auch. Aber er redet und redet.
Keine Chance
„Der Kunstliebhaber“ von Regine Koth Afzelius (Foto oben), einer Pendlerin zwischen Weinviertel und Dänemark, überrascht auf wunderbare Weise. Er macht aus Lesern Querdenker. Sehgewohnheiten werden hinterfragt. Tizians „Venus von Urbino“ sieht schamhaft aus – aber sie masturbiert. Vielleicht. Langsam entsteht ein Liebesroman, der ebenfalls mit anderen Augen gesehen werden kann. Die Deutungsmöglichkeit haben wir. Die Chance, vom Roman nicht beeindruckt zu werden, haben wir nicht.
Regine
Koth Afzelius:
„Der
Kunstliebhaber“
Edition Roesner.
280 Seiten.
22,90 Euro.
KURIER-Wertung: ****
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