Buchkritik: Paul Ferstl und "Das Grab von Ivan Lendl"

Buchkritik: Paul Ferstl und "Das Grab von Ivan Lendl"
Nach dem Roman „Fischsitter“ lässt der Wiener einen Zivildiener durch Rumänien fahren, der sich von Zacusca ernährt

Was wird danach kommen? Als im Riesenaquarium eines sehr Reichen, der Sessel aus rechtsdrehendem Holz besitzt, fast alle Fische verenden, wird ein Experte geholt. Ein „Fischsitter“ (Buchtitel, Milena Verlag). Er lässt sich einen überlebenden Zackenbarsch in Butter braten und schmeckt sofort heraus: Irgendwo im Aquarium liegt ein Spielzeugauto aus China, mit giftiger Farbe ...

Wie kann der Wiener Paul Ferstl - Foto oben - in seinem neuen Roman „Das Grab von Ivan Lendl“ denn jetzt verblüffen? Mit Ernsthaftigkeit.

Und erneut mit einem Thema, das alles andere als „ausgezuzelt“ ist: Zivildiener im Auslandseinsatz.

Ein 18-Jähriger, der sich zum Entsetzen seiner Eltern nach Rumänien gemeldet hat, um bei aller Liebe ein bisschen von ihnen wegzukommen.

Der erstmals Verantwortung übernimmt (und etwas zu abgebrüht wirkt).

Der sich monatelang vor allem von Zacusca (Brotaufstrich aus Paprika, Melanzani, Tomaten) und Zwiebel und Bier aus großen PET-Flaschen und Schnaps, auch heißem Schnaps, ernährt.

Erschlagen

Zuerst ist er in einem Pflegeheim, dann in einem Dorf, das von der Donau zum Teil weggeschwemmt wurde. Er arbeitet mit, wenn Hütten gebaut werden – und ein Freiwilliger aus Rumänien von einem Ofen, der vom Lastwagen fällt, erschlagen wird.

Ivan hieß er. Er war nicht versichert. Der Zivildiener gräbt ihn deshalb an Ort und Stelle ein.

Mit dessen Schwester Ivanka, die aus Wien zum Begräbnis anreist, beginnt das richtige Abenteuer. Erstens sowieso. Zweitens begibt man sich gemeinsam auf Ivans Spuren, nach Hermannstadt, wo er eine kleine Wohnung hatte, nach Bukarest ... Der Zivildiener wird ein zweites Grab schaufeln müssen.

Paul Ferstl war Zivildiener in Rumänien (ehe er Germanistik studierte und mit der Sozialgeschichte der Profi-Wrestler promovierte). Er musste trotzdem viel erfinden. So spannend kann sein Zivildienst wohl nicht gewesen sein.

Man merkt, dass Dialoge Ferstls Stärke sind. Das ist seine Art zu erzählen. Rumänien ist dadurch leider kaum zu spüren.

Nur wenn übers Essen gesprochen wird, dann schon: „Hast du Angst vor Kutteln?“ (Seite 67)


Paul Ferstl:
„Das Grab von Ivan Lendl“
Milena Verlag.
296 Seiten.
24 Euro

KURIER-Wertung: ****

 

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