Buchkritik: Gabriele Kögls "Gipskind"

Buchkritik: Gabriele Kögls "Gipskind"
Der Roman ist ein starker Mutmacher: Ein so genanntes Problemkind ignoriert den Platz, der ihm vorgegeben war

Das erste Urteil lautete: Das Kind wurde in den 1960ern in der kleinen Welt betender steirischer Bauern geboren. Das zweite Urteil war: Andrea konnte zwar früh reden, ein gescheites Mädchen wuchs heran, aber stehen konnte Andrea nicht, gehen konnte sie nicht. Deshalb verbrachte sie ihre Kindheit großteils in Gips, der die Beinchen spreizte.

Über die Grenze

Ein Problemkind am Land. Die Grenzen sind eng gesetzt, auch wenn sich die Oma noch so lieb kümmert. Mit dem Roman „Gipskind“ kümmert sich jetzt die aus Graz stammende Schriftstellerin Gabriele Kögl - Foto oben - emphatisch um Andrea. Kögl scheint sie gut zu kennen. (Für ihr Hörspiel „Höllenkinder“ bekam sie einen internationalen Preis.)

Es ist weniger eine Diagnose der gesellschaftlichen Ordnung, sondern ein sehr schön erzähltes Gehen über die Grenze. Andrea sprengt das Korsett (zwischendurch singt Peter Maffay): x-beinig am Bauernhof zu arbeiten und einen Bauernburschen zu heiraten – nein, danke. „Gipskind“ ermutigt, den vorgegebenen Platz im Leben zu ignorieren.


Gabriele Kögl: „Gipskind“
Picus Verlag.
226 Seiten.
25 Euro

KURIER-Wertung: ****

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