Mit dem „Piksi-Buch“, benannt nach dem Spitznamen des jugoslawischen Fußballspielers Dragan Stojković (seine Frisur erinnerte angeblich an einen Aschenbecher, „piksala“) hat die 1980 in Belgrad geborene, in Wien lebende Barbi Marković ein Buch über ihr Kinder-Ich geschrieben, das am Rande des Fußballplatzes den Untergang der Heimat erlebt. Im Schlepptau des Vaters Slobodan muss das Kind, dessen Familie „nichts drauf hat“, dauernd auf den Fußballplatz, langweilt sich, und fällt hin und wieder in Ohnmacht. Der Vater hätte sich einen Buben gewünscht und tut alles, um das Mädel für Fußball zu interessieren. Unter anderem will er es mit „Piksistaub“ überschütten. Dabei ist er selbst alles andere als ein „normaler“ Fußballfan. Mannschaften sind diesem friedliebenden Altbelgrader, dem eine „Mischung aus feinen Kulturgewohnheiten und abenteuerlichem Strizzitum“ innewohnt, egal. Er mag den Sport an sich.
Was natürlich nicht ewig gut gehen kann. Fußball ist kein sanftes Spiel und in Belgrad, wo es bald Krieg geben wird, muss man sich auf eine Seite schlagen. Das Spiel wird ernst wie eine politische Option, zu der man sich bekennen muss.
„Piksi-Buch“ ist ein Fußballbuch über eine durchwachsene Kindheit im bereits brodelnden Belgrad. Geschrieben im typischen Marković-Sound – pathoslos, exzentrisch, selbstironisch, stellenweise rätselhaft (was genau ist „Piksistaub“?) und gerade deshalb so berührend. „Sehr geehrte Damen und Herren“, wendet sich Marković oft direkt an die Leser und beschreibt die letzten Tage des Friedens in diesem Jugoslawien, das es bald nicht mehr geben wird. „Ich hasse Fußball“, behauptet sie und man weiß nicht recht, ob man ihr glauben soll. Fußball, „von Anfang an mit Gewalt verbunden“, ist einerseits Metapher für die Spaltung des Landes, anderseits realer Begleiter dieser Kindheit.
Das Buch endet mit einer Reportage des WM-Spieles Jugoslawien gegen Argentinien am 30. Juni 1990. Das letzte Match der Nationalmanschaft. Am Schluss gibt’s Tränen und ein Aus im Elfmeterschießen für die Jugoslawen. Die Spieler wissen, dass sie nie wieder zusammenspielen werden. „Ab jetzt weinen wir unseren eigenen Schicksalen hinterher“, schreibt Marković, die ein paar Seiten zuvor noch selbstironisch meinte, „Piksistaub“ habe sie zu einer „herausragenden Autorin“ gemacht. Ob es nun dieser Piksistaub war oder nicht, Barbi Marković ist eine herausragende Autorin.