Hass und Vergebung: Die Mutter eines ermordeten Journalisten trifft einen der IS-Täter
Mutter des von Islamisten ermordeten Journalisten James Foley beschreibt im Buch „American Mother“, wie sie einen der Mittäter im Gefängnis trifft - um ihm zu vergeben.
„Es besteht kein Grund für Sie, mir Vergebung anzubieten“, sagt er. Schließlich war er, Alexanda Kotey, in die Ermordung ihres Sohnes involviert. Hat dessen letzte, erzwungene Worte verfasst, die er verlesen musste, bevor die Islamisten den Journalisten James Foley köpften. Nun aber sitzt dessen Mutter, Diane Foley, ihm im Gefängnis gegenüber. Und versucht genau das: ihm zu vergeben.
„American Mother“ (Rowohlt), gemeinsam von Diane Foley und Bestsellerautor Colum McCann verfasst, erzählt eine schwierige, eine herzzerreißende Geschichte. Die grausame Ermordung des Journalisten im Jahr 2014 - ihm wurde der abgetrennte Kopf auf den Rücken gelegt, die Bilder wurden via Twitter verbreitet - sorgte für Entsetzen und Empörung. Weltweit, möchte man sagen, aber das stimmt nicht. Die Tat war einer jener Schlüsselmomente, die die Beziehung des sogenannten Westens zum sogenannten globalen Süden nachhaltig vergiftete.
Diane Foley erfuhr von der Ermordung ihres ältesten Sohnes durch den Anruf einer weinenden Journalistin. Schauen Sie auf Twitter, sagte diese. Der Beginn eines nicht enden wollenden Alptraums.
Das Buch erzählt vom Hadern Diane Foleys, mit sich, mit der Familie, ob sie Kotey begegnen sollte. Dieser war damals bereits zu lebenslanger Haft in den USA verurteilt - als einer der Drahtzieher der Truppe, die den Journalisten in Syrien entführte, folterte und letztlich ermordete. Die Treffen waren rechtlich ohne Bedeutung. Es ging um anderes.
Es saßen einander letztlich zwei gläubige Menschen gegenüber. Kotey, dessen typische Erzählung von den Kränkungen, die zum Glauben führten, von der Brüderlichkeit unter Islamisten, von der Überzeung, einen gerechten Krieg gegen den Westen zu führen, nach und nach aufbricht.
Und Diane Foley, die sich selbst dabei beobachtet, ob sie ihm das glaubt oder nicht.
Mit einer Gewalterfahrung - er wurde von Mitschülern verprügelt - begann Koteys islamistische Radikalisierung. Mit zunehmendem Zögern nun rechtfertigt Kotey nun die Gewalt, die er selbst in Folge - Auge um Auge - anderen zugefügt hat. Sagt, dass vieles, das in den Islamistischen Kriegen passiert ist, mit dem Islam nicht vereinbar ist. Dass er wünschte, sich Befehlen widersetzt zu haben. Dass er dagegen war, die Bilder von der Enthauptung online zu stellen. Dass seine Töchter - er ist Brite - in Flüchtlingslagern in Syrien groß werden müssen.
Ist das nur Reuetheater, fragt sich Diane Foley, ist es ein Fehler, mit ihm zu sprechen? Immerhin sagt er auch, dass sein Gott ihm vergeben werde. Beklagte, dass niemand davon erzähle, dass die Frau und das Baby eines Mitstreiters im IS von den Amerikanern zu Unrecht bei einem Drohnenangriff getötet worden seien. Obwohl er selbst an der Ermordnung eines Menschen beteiligt war, der diese Geschichten erzählen wollte.
Es ist ein Buch über eine Mutter, die ihr Kind verloren hat. Es ist auch voller politischer Kritik - an der Außenpolitik Barack Obamas. Am Schluss steht Diane Foley auf. Auch das mit der Vergebung ist natürlich komplex. Aber sie reicht ihm die Hand. Es wird, denkt sie sich, die letzte Hand einer Frau sein, die Kotey in seinem Leben berührt.