Bryan Ferry beim Wien-Konzert: Zwischen Lust und Romantik

Der ehemalige Sänger von Roxy Music zeigte in der Stadthalle alle Facetten seines Schaffens.

Mit Roxy Music trat Bryan Ferry in den 70er-Jahren in Leoparden-Sakkos, bunten Glitzer-Jacken und Uniformen auf, lieferte mit seinem exaltierten Gesang die Vollendung für den kantigen, glamourösen Art-Rock.

Als Solo-Künstler wurde Ferry zum Dandy, der sich in die elegantesten Seidenanzüge in dezenten Anthrazit- oder Nachtblau-Tönen hüllte und schmachtend, aber selten kitschig von Liebe, Sehnsucht, Verlangen und emotionaler Abhängigkeit sang.

 

Bryan Ferry beim Wien-Konzert: Zwischen Lust und Romantik

Was beide Karrieren gemeinsam haben, ist der Sinn für Stil und Ästhetik. Der lieferte auch den roten Faden, als Ferry Freitagabend beim Auftritt in der Wiener Stadthalle F beide Karrieren unter einen Hut brachte. Dass aber viele der spannenderen, anspruchsvolleren Songs im Programm von Roxy Music kommen, zeigte gleich der Beginn: Zu ein paar sphärischen Keyboardklängen, und wenigen Klavierakkorden beschwor der 73-Jährige in „In Every Dream Home A Heartache“ die Liebe zu einer aufblasbaren Gummipuppe. Interpretiert von seiner brüchigen Stimme hatte das eine einnehmend subversive Atmosphäre.

Geschmeidig

In der Folge wechselte die versierte neunköpfige Band zwischen wenigen Ferry-Hits wie „Slave To Love“ und vielen weniger bekannten Roxy-Music-Songs wie „The Space Between“. Und damit zwischen Funk und Psychedelic, Soul und geschmeidigem Erwachsenen-Pop. Sogar Blues und Country-Klänge mischten sich ein, als Ferry die Mundharmonika zückte und Dylans „Just Like Tom Thumb’s Blues“ coverte.

 

Bryan Ferry beim Wien-Konzert: Zwischen Lust und Romantik

Anno 2019 schien der Brite munterer als vor zwei Jahren in derselben Halle. Ferry bewegte sich viel, wenn er nicht am Keyboard saß, strahlte, wenn der Applaus aufwallte, sagte aber außer „Dankeschön“ (ja, auf Deutsch) nur, dass er froh sei, wieder zurück in Wien zu sein. Ansonsten ließ er die Musik und die raffinierten Arrangements sprechen, die von der großartigen Band souverän umgesetzt wurden und in glasklarem Sound im Publikum ankamen. Viel Raum gab Ferry den Soli seiner Musiker, von denen Saxofonistin Jorja Chalmers herausstach, die immer wieder die Stimmung anfachen konnte und Szenenapplaus bekam.

 

Trotz all dieser musikalischen Perfektion und der eleganten, wenn auch minimalistischen Show (es gab Discokugeln, hängende Glasscherben-Gebilde und ein, zwei Mal abstrakte Projektionen auf den Vorhang hinter den Musikern) und Ferrys prächtiger Laune, konnten bis weit in die Hälfte der Show hinein nur einzelne Songs überzeugen. Und das lag wohl auch an Ferrys Sinn für Stil und Ästhetik. Denn der ließ ein unkontrolliert instinktives, befreit überschäumendes Drauflos nicht zu.

Nachhaltig sprang der Funke jedenfalls erst über, als Ferry zu seinen größten Erfolgen kam, die zumeist aus dem Roxy-Music-Repertoire stammten. Leider geizte er mit „Love Is The Drug“ und „More Than This“, spielte davon jeweils nur eine Strophe samt Refrain, bevor er mit „Jealous Guy“ und „Let’s Stick Together“ abschloss. Ein schöner Abend, der aber nicht ewig im Gedächtnis bleiben wird.

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