Bon Jovi: Von Powerhymnen zu sozialen Beobachtungen
Ein ganz anderes Album hatte Jon Bon Jovi im Sinn, als er im März 2019 für „2020“ mit seiner Band Bon Jovi ins Studio ging. Diesen April sollte es erscheinen.
Doch dann passierte 2020. Bon Jovi verschoben das Album, Sänger Jon schrieb weitere Songs, nahm ein paar der vorgesehenen zugunsten der neuen raus, und „2020“ mutierte zum nachdenklichsten und politischsten Album der Band, die Mitte der 80er-Jahre mit dem Hit „Livin’ On A Prayer“ den Durchbruch geschafft hatte.
„Do What You Can“ handelt von der Corona-Krise, „Blood In the Water“ von Politikern, die die Spaltung in der Bevölkerung vorantreiben, „Unbroken“ vom Leid der Kriegsveteranen und „American Reckoning“ von der Ermordung George Floyds durch einen Polizisten in diesem Frühjahr und den danach aufflammenden „Black Lives Matter“-Protesten.
„Es sind keine Protestsongs, nur soziale Beobachtungen“, erzählte Jon Bon Jovi in einem Podcast. „Ich wollte dabei die Position eines Zeugen der Geschichte einnehmen, wie ein Journalist von den Fakten berichten – ohne zu werten oder Partei zu ergreifen.“
Musikalisch birgt das Album wenig Überraschungen. Es gibt viele Bon-Jovi-typischen Midtempo-Hymnen, ein paar flotte Rocker wie „Limitless“ und das fröhliche „Beautiful Drug“, dazu Liebesballaden wie „Story Of Love“. Alle Songs sind schnörkelloser und geradliniger arrangiert als die Welthits von Bon Jovi, allerdings sind die Melodien weniger einprägsam.
Immer wieder erinnern Phrasen und Akkordfolgen an frühere Hits von Bon Jovi – auch wenn der 58-Jährige, der schon auf der letzten Tour mit ausgeprägten Stimmproblemen zu kämpfen hatte, hier viel tiefer und erdiger klingt. Und das passt gut zu ernsten Themen, wie dem von „Lower The Flag“. Dabei geht Bon Jovi auf die häufigen Amokläufe und Massenschießereien in seinem Land ein.
„Diesen Song habe ich an einem Wochenende geschrieben. Vor dem Schlafengehen sah ich in den News, dass es eine Schießerei in El Paso gegeben hatte“, erzählte er der Onlineplattform Ultimate Classic Rock. „Schon das hat mich tief betroffen gemacht. Am nächsten Morgen kam in den News die Meldung von einer Schießerei in Dayton in Ohio. Ich dachte: ,Nein, das ist falsch, das war in El Paso!‘ Dann kam ich drauf, dass es eine zweite Schießerei gegeben hatte, während ich geschlafen hatte. Sie brachten die Story zwischen der Werbung und dem Sport, und es bewegte mich so sehr, dass wir bezüglich solcher Meldungen derart abstumpfen, dass ich diesen Song schrieb.“
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