Bob Dylan spürte "Planetenwellen"

Bob Dylan
Gedichte und Prosa: Zweisprachige Sammlung reicht bis zur Nobelpreis-Rede

Seine Lieder von 1962 bis 2012 sind im Hoffmann und Campe Verlag zweisprachig veröffentlicht worden.

Everybody must get stoned = Alle sollen gesteinigt / stoned sein; Lay, Lady, lay = Komm, Lady, komm auf mein breites Messingbett.

... und der Anti-Roman "Tarantel" aus 1965, in dem z.B. ein "fensterwäscher" die Reinkarnation einer Gartenharke ist, dieses Buch, das ziemlich stoned, also gesteinigt wirkt, liegt derzeit ebenfalls in den Buchhandlungen.

Über Johnny Cash

Fehlte noch "Planetenwellen": Gesammelte Gedichte Bob Dylans aus den 1960er und 1970er Jahren, als er sich noch als Songwriter UND Lyriker sah. Man merkt auch ohne Musik, wie ernst es ihm immer war, den Augenblick festzuhalten (übrigens auch in Aquarellen, wenn ihm klar war, dass Momente in Farbe besser aufgehoben sind als in Noten und Texten).

Einleitend steht:

"Wenn ich nicht allen gefallen kann / kann ich genauso gut überhaupt niemandem gefallen ..." (1973)

" Planetenwellen" ist ebenfalls zweisprachig und hat auch einige Prosatexte, die Dylan aus gegebenen Anlässen verfasst hat. Zu Johnny Cashs Tod etwa. Seine Erinnerung, als 1964 Zuschauer und Journalisten über Dylan herfielen, weil er, der Folksänger mit der Akustikgitarre, elektrisch wurde. Cash kannte Dylan gar nicht persönlich, trotzdem feuerte er einen offenen Brief ab: SHUT UP! ... and LET HIM SING!"

In Dylans Nachruf über Johnny Cash kommt die Revanche: "Hören Sie ihm zu, und er wird Sie immer wieder zur Vernunft bringen."

Wie Shakespeare

Die von ihm nie gehaltene (sondern nach Stockholm geschickte) Nobelpreis-Tischrede vom Dezember 2016 beendet den Band.

Dylan habe sich – wie Shakespeare, haha – nie gefragt, ob das Literatur sei, was er mache. Dem Engländer sei wohl die Finanzierung der Theaterstücke wichtiger gewesen und woher er einen Schädel bekomme ... und der Amerikaner habe sich eher mit der richtigen Tonart beschäftigt.

Dylan dankte der Akademie, dass sie sich die Literatur-Frage gestellt und eine so wunderbare Antwort gefunden habe.


Bob Dylan:
Planetenwellen
Übersetzt und kommentiert von Heinrich
Detering.
Hoffmann und Campe Verlag.
496 Seiten.
24,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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