Bewerbungsprozess Volkstheater: ÖVP spricht von "Affront"
Nicht nur der glücklose Bewerber Paulus Manker, sondern auch die Wiener ÖVP hinterfragt, wie es zur Bestellung von Kay Voges zum Volkstheaterdirektor ab dem Herbst 2020 kam. Sie brachte am Mittwoch eine umfangreiche Anfrage an Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler ein. Indirekt wird der Verdacht geäußert, dass Bewerber ungleich behandelt worden sein könnten.
Am 10. Jänner wurde, wie berichtet, die Ausschreibung für die künstlerische Direktion mit der Bewerbungsfrist 11. Februar veröffentlicht. Die Bestellung der neuen Leitung sollte – als „Novum“ – durch eine Jury erfolgen, der u.a. Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann, Lukas Crepaz (Salzburger Festspiele) und Arne Forke, Theaterreferent der Stadt Wien, angehörten. Bis Anfang April 2019 wollte man eine Entscheidung getroffen haben. Es gingen 72 Bewerbungen ein.
Ende März kam es zum Stopp des Bewerbungsprozesses durch Kaup-Hasler. Für eine Neuausrichtung des Hauses brauche es, so die Jury, mehr Geld. Nur mit einer zusätzlichen Dotierung seien sowohl weiterführende Gespräche mit Kandidaten, die bereits gehört wurden, als auch die Erweiterung des Bewerberkreises um jene Personen, die auf der Grundlage der jetzigen finanziellen Situation von einer Bewerbung „bedauerlicherweise Abstand genommen“ hätten, möglich.
Kaup-Hasler gab in der Folge bekannt, zwei Millionen Euro zusätzlich bereitstellen zu wollen. Der Bewerbungsprozess wurde daher wieder aufgenommen, ein zusätzliches Hearing fand am 26. Mai statt. Die Ankündigung von Kaup-Hasler, dass die Bestellung durch eine Jury erfolgen werde, wurde nicht umgesetzt: Das Gremium durfte bloß einen ungereihten Dreiervorschlag abgeben. Aus diesem wählte die Stadträtin den deutschen Regisseur Kay Voges, derzeit Schauspieldirektor in Dortmund, aus. Er sei erst zweieinhalb Wochen vor der Designierung angefragt worden, sagte Kay Voges bei seiner Vorstellung.
Neue Ausschreibung?
Die ÖVP beginnt ihren Katalog mit der Frage, ob der Stadträtin bereits vor der Ausschreibung bewusst gewesen sei, dass die budgetäre Situation des Volkstheaters die Umsetzung eines seriösen künstlerischen Konzepts nicht erlaube: „Wenn ja, warum ist es nicht vor der Ausschreibung zur Klärung der budgetären Situation gekommen?“
Kaup-Hasler war die budgetäre Situation natürlich bekannt. Anna Badora, die gegenwärtige Direktorin, hatte mehrfach darauf hingewiesen. Und am 28. Jänner verkündete die Kulturstadträtin im Volkstheater, „eine signifikante Erhöhung“ der Subventionen erreichen zu wollen.
Die ÖVP hätte es für sinnvoller empfunden, zunächst die budgetäre Situation zu klären – und erst danach die Direktion auszuschreiben. Sie stellt die Frage: „Wieso wurde nach Feststellung der Jury, dass aufgrund der derzeitigen finanziellen Ausstattung keine Empfehlung für eine künstlerische Leitung abgegeben werden kann, und der Klarstellung, dass zumindest die Stadt Wien die Subvention um 2 Millionen Euro aufstocken wird, keine neue Ausschreibung durchgeführt?“
Wettbewerbsnachteil?
Denn mit zwei Millionen Euro mehr lässt sich notabene ein anderes Programm realisieren. Die ÖVP fragt daher, ob die 72 Interessenten, die fristgerecht eingereicht hatten, zumindest über die Subventionserhöhung informiert und um eine entsprechende Anpassung ihrer Konzepte ersucht worden seien: „Wenn nein, warum nicht? Wenn nein, haben dadurch nicht jene BewerberInnen, die sich an die Ausschreibungsbedingungen gehalten haben, einen erheblichen Wettbewerbsnachteil erhalten?“
Weitere Fragen lauten: „Können Sie garantieren, dass die Parameter für die Entscheidungsfindung sowohl vor als auch nach der Unterbrechung des Bewerbungsprozesses Ende März 2019 dieselben waren? Halten Sie den Ausschreibungsprozess, den Stopp, das Auswahlverfahren und die letztendliche Besetzung des künstlerischen Leiters des Volkstheaters tatsächlich für fair und einen akzeptablen Bewerbungsprozess gegenüber allen Bewerberinnen?“
Natürlich wird auch die Frage gestellt, ob der designierte Direktor ein „aussagekräftiges künstlerisches Konzept“ vorgelegt habe, wie es in der Ausschreibung verlangt wurde. Kay Voges hatte, wie berichtet, gegenüber der APA einbekannt, dass die Zeit zu kurz gewesen sei für ein Konzept.
Verpackt in eine Frage gibt die ÖVP zu erkennen, dass sie die Kür von Voges für einen „Affront gegenüber den 72 BewerberInnen“ hält, die fristgerecht ihre Bewerbung eingebracht haben. Ob Kaup-Hasler dem Befund der ÖVP zustimmt?
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