Bestsellerautor Tom Clancy ist tot
Der US-amerikanische Bestsellerautor Tom Clancy ist laut der New York Times im Alter von 66 Jahren in einem Krankenhaus in Baltimore gestorben, meldete die New York Times per Kurznachrichtendienst Twitter am Mittwoch unter Berufung auf seinen Verleger. Mit Politthrillern wie "Jagd auf Roter Oktober" und "Die Stunde der Patrioten" wurde der Schriftsteller zum Multimillionär.
Vom Versicherungsmakler zum Multimillionär
Sogar die US-Regierung und das Militär bedienten sich der Fantasie und der überraschend fundierten Einsichten des Krimiautors: Von Ronald Reagan und dem ersten Präsidenten der Familie Bush, George H. Bush, wurde Clancy wiederholt zum Gespräch ins Weiße Haus geladen. Selbst das Pentagon war verblüfft über die Detailkenntnisse des einstigen Versicherungsmaklers. Einfache Antwort Clancys: "Die Informationen sind ja alle da, wenn man nach ihnen sucht. Und das geheime Zeug bekommt man ganz einfach, wenn man das nicht geheime nimmt und einfach die Punkte verbindet."
Ende der 70er Jahre begann er - von seinem Job "intellektuell unterfordert" - sich nach Feierabend in die Welt der Marine einzuarbeiten. Clancy verschlang Handbücher und Karten, übte sich mit dem Videospiel "Harpoon" in simulierten Seeschlachten und wurde so mit der Zeit zum Experten. Als er 1984 seinen ersten Roman herausbrachte, "Jagd auf Roter Oktober", staunten selbst die Insider. Die Geschichte vom Überlauf eines angesehenen Offiziers der sowjetischen Marine in der Zeit des Kalten Krieges machte ihn über Nacht berühmt. In den letzten Zügen des
Kalten Krieges erzählte Clancy den Konflikt glaubwürdig, fast unblutig und vor allem spannend. Das Buch wurde später mit Sean Connery und Alec Baldwin in den Hauptrollen höchst erfolgreich verfilmt: Der Streifen spielte allein in den USA 120 Millionen Dollar ein.
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Bilder: Tom Clancy-Verfilmungen
Superstar der Unterhaltungsliteratur
Außerdem wurde Clancy mehrfach eingeladen, Atom-U-Boote zu besichtigen - eine ganz besondere Freude für ihn. Denn eigentlich hatte der Sohn eines Briefträgers aus Baltimore Panzerkommandant oder U-Boot-Kapitän werden wollen. Wegen mangelnder Sehkraft kam Clancy aber nicht in Frage. Nach seinem literarischen Durchbruch gediehen seine Beziehungen zum Geheimdienst so weit, dass er, wie das Wirtschaftsmagazin "Capital" im Jahr 2001 berichtete, von CIA-Spionagesatelliten erfasste Raketenstellungen für seine Romane verraten bekam.
Nach dem Kassenschlager "Jagd auf Roter Oktober" lieferten weitere drei seiner Romane den Stoff für weltweite Leinwanderfolge: "Die Stunde der Patrioten" und "Das Kartell" mit Harrison Ford sowie "Der Anschlag" mit Ben Affleck und Morgan Freeman in den Hauptrollen. Unter Clancys Namen wurden sogar Brett- und Videospiele mit militärischen Simulationen vermarktet. Zudem erschienen mehrere Taschenbuchserien wie "Tom Clancy's Op Center", die - obwohl von anderen Autoren geschrieben - mit seinem Namen Geld machen.
"Ich mag Schreiben"
Für Clancy war es eine Flucht aus der langweiligen Realität in eine Welt, die er für viel spannender hielt: „Ich mag Schreiben“, sagte er schon 1986 in einem Fernsehinterview. „Ich hatte noch nie so viel Spaß. Man kann seine eigene kleine Welt bauen, wie als Kind mit der Eisenbahn. Aber statt Eisenbahnen habe ich Panzer und Schiffe und Flugzeuge und all dieses Zeug.“ Er könne alles so arrangieren, wie er wolle. „Und wenn ich es nicht mag, fange ich einfach von vorn an.“
Die Leser mochten, was der Amerikaner da schrieb. Er ließ hohe Sowjetoffiziere für die Amerikaner spionieren, schmuggelte Atombomben in die USA und ließ seinen Star, CIA-Agent Jack Ryan, den britischen Thronfolger retten, eine Verschwörung um Drogenkartelle aufdecken und ihn sogar zum Präsidenten aufsteigen. Etwas abseits steht „Im Sturm“ - Clancys Simulation, wie wohl ein Dritter Weltkrieg zwischen Nato und Ostblock ausgesehen hätte.
Die Guten gewinnen
Natürlich gewannen die Guten, wie immer bei Ryan. Genau das werfen ihm seine Kritiker auch vor, dass letztlich die Handlung immer etwas vorhersehbar ist und zu guter Letzt CIA oder Marines oder Weißes Haus - oder wer auch immer mit den Stars and Stripes herumfuchtelt - gewinnt. „Clancy hat eine ziemlich einfache Sicht auf die Welt“, sagte zum Beispiel der britische Komiker Bill Bailey: „Gut gegen Böse. Das Böse scheint die Oberhand zu gewinnen, aber letztlich gewinnt das Gute, weil es die besseren Sturmgewehre hat.“
Zu Streitkräften und Geheimdiensten hatte Clancy durch seine Romane die besten Kontakte. Angeblich so gut, dass die Dienste dem Autor schon mal vertrauliche Informationen zukommen ließen. „Es gibt Dinge, die ich weiß, die ich niemals in einem Buch veröffentlichen könnte“, sagte er. „Und die erschreckendsten Dinge sind nicht einmal geheim, es liest nur keiner.“ Dabei war Clancy nicht selten Prophet: In seinem Buch „Ehrenschuld“ - sieben Jahre vor dem 11. September 2001 erschienen - lässt ein, allerdings japanischer, Terrorist eine Boeing in das Capitol in Washington stürzen, Hunderte sterben.
Die Handlung sei einfach auf der Hand gelegen, sagte Clancy. „Aber wenn mein Kram plötzlich Realität wird, ist das schon ein bisschen gruselig.“ Dabei gebe es zwischen Realität und der Fiktion eines Romanautors einen großen Unterschied: „Die Fiktion muss Sinn ergeben.“
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