Bestseller aus Frankreich: Raubkopie Marilyn

Was ist von unseren Klonen zu erwarten?

Wie berichtet, ist es dem oberösterreichischen Genetiker Josef Penninger gelungen, aus einer einzigen Stammzelle "durch Schütteln und ein, zwei Tricks" ein komplettes Gehirn im Frühstadium zu "ziehen".

Warum also sollte man sich wundern, wenn jemand in sagen wir 40 Jahren einen Klon von Marilyn Monroe daheim hat, als "Haushälterin" und um mit ihr … fernzuschauen?

Wenn’s nur das wäre!

In dem französischen Bestseller "Dolfi & Marilyn" – wir sind im Paris des Jahres 2060 – gewinnt ein Geschichtsprofessor in der Tombola "seines" Supermarkts einen illegalen Klon von Adolf Hitler.

Was das Beste daran ist: Dieser Roman schreit nicht. Er ist nicht – Pardon – geil. Beunruhigend ist er; und zeigt doch in aller Ruhe "eine vom Menschsein nicht vorhergesehene Möglichkeit" auf.

Alles verscherbeln

Irgendwann, so Autor Françoise Saintonge, werden Klone in unsere Wirtschaftsprozesse eintreten – "natürlich oder nutzlos, harmlos oder gefährlich, der Homo faber ist immer entschlossen, alles herzustellen, was der Homo mercator verscherbeln kann."

Saintonge ist ein Pseudonym. Wenn man so will, ist er der untergetauchte Klon eines etablierten französischen Schriftstellers.

"Wer glücklich schreiben will", informiert er in einem Interview per eMail, "der schreibe im Verborgenen". Die Pariser Literatur-Szene rätselt.

Interessiert hat ihn auch: Ist ein Klon von Hitler automatisch böse? Oder ist er eher mit einer Topfpflanze zu vergleichen? Ein unbeschriebenes Blatt Papier?

Zunächst schneidet "Dolfi", wie ihn der Sohn des schwer irritierten Geschichtsprofessors nennt, brav die Hecke im Garten. Physisch ist er dem Hitler von 1923 ähnlich. Kaninchen schmecken ihm, Rüben auch. Er trägt Lederhose und Pullover. Bart hat er keinen.

Von Kriegscomputerspielen wendet er sich entsetzt ab.

Eigentlich müsste man diesen Klon unverzüglich der Behörde melden. Er würde vernichtet werden. Denn A.H.6 stammt aus einer verbotenen Serie, die irgendwo im Dschungel in einem Geheimlabor aus Hitlers Gebiss fabriziert worden ist. Aber die Neugier siegt.

Vorsicht vor Chips!

Als dann auch noch eine asiatische Raubkopie von Marilyn Monroe im weißen Kleid wie in "Das verflixte 7. Jahr" auftaucht – ihr Besitzer aus dem Nachbarhaus ist gestorben, und sie hat Angst allein –, wird es etwas eng.

Zumal Marilyn gern kuschelt. Sie stickt auch sehr gut. Allerdings neigt sie dazu, Unmengen von Chips zu verdrücken.

Genug! Jedenfalls müssen Hitler und die Monroe vor der Polizei flüchten, und wie sich dann alles entwickelt, hat auch im deutschsprachigen Raum das Zeug dazu, ein Bucherfolg zu werden.

... indes ließe sich der rätselhafte Françoise Saintonge unter Umständen dazu überreden, Marilyns Klon einen Platz in seinem Leben einzuräumen.

Lieber wäre ihm allerdings Charles Baudelaire, um den französischen Dichter dabei zu beobachten, wie er "Die Blumen des Bösen" schreibt. Zumindest dieses Geheimnis um die Person des Autors ist damit gelüftet: ein Intellektueller …

KURIER-Wertung:

INFO: Françoise Saintonge: „Dolfi und Marilyn“ Übersetzt von Olaf Roth. Verlag carl’s books. 288 Seiten. 15,50 Euro.

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