Belvedere: Künstler anno dazumal auf Reisen

Belvedere: Künstler anno dazumal auf Reisen
In der Schau "Orient und Okzident" kann man im Unteren Belvedere von der Puszta bis nach Indien verreisen.

Eisenbahn und Schifffahrt haben es möglich gemacht: Dass vor etwa 150 Jahren heimische Künstler auf der Suche nach neuen künstlerischen Herausforderungen und originellen Motiven die Welt jenseits der Landesgrenzen entdeckten. Vor allem die Exotik und das heiße Sonnenlicht des Südens. "Orient und Okzident" erzählt davon. "Es wäre ja nicht so weit nach Ägypten", ätzte Karl Kraus schon damals, "aber bis man zum Südbahnhof kommt, das dauert..."

Die von Kuratorin Sabine Grabner als Reise gestaltete und großteils mit Werken aus der eigenen Sammlung bestückte Schau zeigt, "wie Natur seinerzeit gesehen wurde": Man "entwickelte einen speziellen Realismus und hat das gemalt, was man gesehen hat". Etwa Landschaften in der glühenden Sonne oder in vielfältigen Zwischenstimmungen der Witterung, sowie farbenprächtige Märkte.

"Besonders reizvoll für Künstler, die sich in die Ferne wagten, waren die exotischen Sujets, die sie auf ihre Leinwände bannten – stand doch die so entstandene Kunst in starkem Kontrast zu den Werken, die in den heimischen Ateliers entstanden", sagt Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco.

Motivsuche in der Ferne

Für manche wie August von Pettenkofen oder Gustav Ranzoni begann der "Orient" schon in der Ungarischen Tiefebene. Die Weite der Puszta, deren Hitze und Staub führten zu einer Bildsprache, die der in südlicheren Regionen sehr ähnlich ist. Eugen Jettel, Rudolf von Alt oder Emil Jakob Schindler unternahmen Studienreisen an die dalmatinische Küste. Die Mündung des Bosporus dokumentierten der Brasilien-Reisende Thomas Ender und Emanuel Stöckler.

Typisch für Leopold Carl Müller, der neun Winter in Ägypten verbrachte, sind reduzierte Farben in seinen Marktansichten, Landschaftsstudien und Figurendarstellungen.

Hubert Sattler schuf eine fast fotorealistische Abbildung der Kolosse des Memnon zur Zeit der Überschwemmung. Karl Ludwig Libay dokumentierte die zeitgenössische Architektur in Ägypten sowie eine Steinigungsszene.

Josef Selleny setzte indische Tempel ins Bild Und Eugen von Ransonnet-Villez öffnete gar den Blick 1864 in die Tiefsee: Exotische Fische umkreisen einen Totenkopf.

Von der reinen Dokumentation des Gesehenen weg geht der Trend in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Festhalten von Stimmungen und Atmosphäre, so Grabner. Beeindruckend ist in diesem Zusammenhang etwa Bernhard Fiedlers dämmerige "Ansicht von Kairo".

Visuelle Reise: Mit dem Reiz der Exotik

Ausstellung "Orient & Okzident. Österreichische Künstler auf Reisen" zeigt 116 Werke von 37 Künstlern, die im 19. und beginnenden 20. Jhdt. ihre Reiseeindrücke dokumentieren: Ansichten aus Ungarn, vom Balkan, aus Griechenland und Konstantinopel, Ägypten und dem Heiligen Land sowie aus Indien, Sri Lanka und vom Indischen Ozean.

Wann & Wo Bis 14. 10., Unteres Belvedere, Orangerie, 3., Rennweg 6, tgl. 10-18, Mi. 10-21 Uhr, Katalog/Hirmer Verlag, www.belvedere.at

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