Bela B. nimmt Abschied von zu viel Ironie

Bela B. nimmt Abschied von zu viel Ironie
Der Ärzte-Drummer setzt mit der CD "Bye" auf US-Roots-Rock.

Ich kann auf jeden Fall dementieren, dass das mein letztes Album ist." Bela B. kommt beim KURIER-Interview gleich auf den für die Fans wichtigsten Punkt. Denn eines war ihm von Anfang an klar: Wenn er seine dritte Solo-Platte "Bye" nennt, wird es entsprechende Spekulationen geben.

Aber, erklärt er, der Titel kam von der Foto-Session für das Album-Cover. Und die war wiederum von der neuen musikalischen Richtung der Platte geprägt. Denn mit "Bye" begibt sich Bela ganz auf die Spuren seines Idols Lee Hazlewood, zeigt sich stark von Country und Americana beeinflusst und verbindet das geschickt mit Roots-Rock und viel Melodie – ohne an Individualität einzubüßen.

"Die Fotografin, die wir für das Cover-Foto angeheuert haben, hat in der Musik sofort Weite und die Lust auf Freiheit und das Reisen gespürt. Und weil ich einen kurzen Titel mit B gesucht habe, weil sich das durch alle meine Solo-Alben zieht, passte das sehr gut."

Ironie

Auch wenn der Titel keinen Abschied von der Musik andeuten soll, von einigen Dingen hat sich Bela dabei schon verabschiedet. Zum Beispiel von dem Hang dazu, immer noch eine ironische Wendung mehr in die Texte einzubauen. "Das habe ich von den Ärzten mitgebracht. Aber zum Beispiel der Song ,Sentimental‘: Der hatte anfangs das Wort Spermafleck gleich fünf Mal drinnen. Ich finde es nach wie vor gut, so ein unromantisches Wort in einen so wehleidigen Kontext zu stellen. Aber einmal reicht völlig."

Aber keine Angst, Ironie ist nach wie vor in jedem Song präsent – nur raffinierter und nicht so plakativ albern wie bei den Ärzten.

So verliebt sich Bela als "Streichholzmann" im gleichnamigen Song in das "Zündholzmädchen" und resümiert, dass die Liebe immer ein Feuer werk ist. In "Abserviert" rechnet er mit falschen Freunden ab. Und in "Bombe tickt" mimt er einen Freak, der kurz vor dem Amoklauf steht, weil er mit der harschen Umwelt nicht zurechtkommt. Alles immer mit viel Humor und unterhaltsamen Wendungen.

Engagiert

Eine Platte, "mit der ich mich auf politischem Terrain bewege", sagt er, sei "Bye" nicht – obwohl Dirk "Bela" Felsenheimer sich privat mehr denn je engagiert. Er unterstützt das globalisierungskritische Netzwerk "Attac". Er ist entsetzt darüber, dass "das Genmais-Ding mithilfe der Enthaltung der Deutschen durchgewunken wurde" und in der EU wieder einmal Lobbyisten und die Wirtschaft über den Naturschutz triumphiert haben. "Und das, obwohl wir im Jänner 13 Grad hatten und jeder weiß, dass das die Winter sind, die auf uns zukommen, weil wir mit der Umwelt so umgehen, wie wir das tun."

Bela B. nimmt Abschied von zu viel Ironie
Cover, Bela B "Bye"
Deshalb hat der 41-Jährige für die Tour (16. 5. Linz/Posthof, 18. 5. Wien/Arena) eine Firma gefunden, die kompostierbare T-Shirts herstellt. "Es gibt Projekte, die Mut machen", sagt er. Und gibt gleich zu, dass er als Labelbetreiber schon auch an Grenzen stößt.

"Amazon wollte, dass wir nur für sie eine Special Edition machen, damit sie uns übernehmen. Weil die 30 Prozent Marktanteil haben, bekommt man aber ohne Amazon keine guten Charts-Platzierungen. Das sind schon Konflikte, denn ich will ,Bye‘ ja auch verkaufen." Bela entschied sich wegen der jüngsten Skandale um den Konzern trotzdem dagegen.

Individualismus

Dass all diese Aktivitäten keinen Niederschlag in den Texten finden, liegt daran, dass Bela seit 2009 an "Bye" arbeitet. "Damals habe ich die Band ‚Smokestack Lightnin‘ kennengelernt. Weil ich immer schon ein Album machen wollte, das sich ganz meiner Liebe zum Americana-Sound verschreibt, habe ich ihnen seither Songs geschickt, die sie auf ihre Weise arrangiert haben. So sind die Lieder alle aus verschiedenen Phasen meines Lebens. Ihre einzige Verbindung sind die Themen Freiheit und Mut zum Individualismus. Mit ein Grund, warum der Album-Titel gut passte."

Kommentare