Bei Johnny Cash siegte trotzdem das Licht

Robert Hilburns Biografie über Johnny Cash erschien in den USA vor drei Jahren.

Er räumte mit einigen Märchen auf, die der "Man in Black" selbst in zwei Autobiografien verbreitet hatte.

Hilburn – einst Popmusikkritiker der Los Angeles Times – hat die Familie vorher brav um Erlaubnis gefragt ...

Er durfte auch schreiben, dass Johnny Cash ein Verhältnis mit June Carters Schwester Anita hatte. Auch dass Anita Carter schwanger wurde und schweren Herzens abtrieb, um June nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Angeblich bat sie 1999 auf dem Totenbett ihre Schwester um Verzeihung.

Hilburns Buch, das seit einigen Tagen auf Deutsch vorliegt, wurde nicht allein von Johnny Cashs Tochter Rosanne als "quälend" empfunden. Aber die große Entrüstung blieb aus: Es wusste ja jeder, der es wissen wollte, dass der Musiker einerseits – laut Bob Dylan – "der Polarstern" war, "der Größte der Großen"; aber andererseits ein finsterer Geselle, drogenabhängig, verantwortungslos, egoistisch usw.

Bilanz

Das war seine Stärke: Johnny Cash ging durchs Feuer und konnte zugeben: "Ich habe Fehler gemacht, ich bin verletzt und ich habe verletzt."

Rosanne Cash: "Vielleicht gibt es am Ende jedes Lebens eine Bilanz von Licht und Finsternis. Was meinen Vater betrifft, so siegt für mich das Licht."

Bei Robert Hilburn, dem einzigen Journalisten, der 1968 beim legendären Konzert in Folsom Prison dabei sein durfte, wird man schon auch viel über Musik lesen.

Und über das Video "Hurt", für viele das allerbeste Musikvideo, erfahren: Während gedreht wurde, wie Johnny Cash am Klavier saß und um Gesundheit und seinen Glauben kämpfte, kam überraschend June die Treppe hinunter. Man sieht sie im Film. Besorgt sah sie aus: Wie soll sie ohne John leben?

Aber wahrscheinlich dachte sie: "Wie soll John ohne mich leben?" Denn was damals niemand ahnte: Kurz davor diagnostizierte ein Arzt bei ihr ein gefährliches Loch in einer Herzklappe.

June und Johnny starben im Jahr 2003 hintereinander.


Robert Hilburn:
Johnny Cash. Die Biografie.“
Übersetzt von Henning Dedekind und Werner Roller.
Berlin Verlag.
832 Seiten.
35 Euro.

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