Bei Gasexplosion in New York nur knapp dem Tod entkommen

Laura Gibson in den Straßen ihrer neuen Heimat New York
Trotzt dramatischer Erlebnisse widmet sich Laura Gibson auf ihrer Platte anderen Themen.

Noch immer stockt Laura Gibson der Atem, wenn sie darüber spricht: Ende 2014 zog die Singer/Songwriterin von Portland nach New York, um Creative Writing zu studieren. Kaum hatte sie sich eingelebt, zerstörte eine Gasexplosion ihr Wohnhaus im East Village.

"Ich war im Apartment und spürte die Explosion", erzählt Gibson im Interview mit dem KURIER. "Ich wusste nicht, was passiert war, nur dass ich weg musste. Ich schnappte mir Schuhe, Handy und den Mantel und rannte die Stiegen runter. Die waren schon voll mit Rauch und Staub, dass ich den Boden nicht mehr sehen konnte. Ich kam heil raus. Aber mir war gleich klar, dass alles weg ist und mir nur mehr bleibt, eine Zahnbürste zu kaufen und Freunde zu bitten, mich aufzunehmen."

Obwohl die Amerikanerin sagt, sie sei noch dabei, dieses Trauma zu verarbeiten, besteht sie darauf, es positiv zu sehen: Sie hat überlebt!

Dramatisch

Und ihrem eben erschienen Album "Empire Builder" haben die dramatischen Ereignisse auch gutgetan – obwohl deren Songs nie direkt auf die Explosion und das Feuer Bezug nehmen.

"Ich hatte schon vorher mit dem Album begonnen", sagt sie. "Die fertigen Songs waren deshalb auf einer Festplatte im Studio gesichert. Aber von den unfertigen waren sowohl die Musik am Computer, als auch die Textideen in meinen Notizbüchern weg. So habe ich mir eine neues Notizbuch gekauft und alles, woran ich mich erinnern konnte, aufgeschrieben. Und ich möchte glauben, dass die Dinge, an die ich mich nicht erinnern konnte, es nicht wert waren."

So ist "Empire Builder" nicht von der Explosion geprägt, sondern von Gibsons Entscheidung, nach New York zu gehen. Den Titelsong schrieb sie in dem Zug "Empire Builder", mit dem sie nach New York fuhr – verstrickt in Gedanken darüber, ob es eine gute Entscheidung ist, Familie und Freunde hinter sich zu lassen, um zu studieren. "Ich könnte mir vorstellen, dass sich das nächste Album direkt mit der Explosion beschäftigt", sagt Gibson. "Aber für dieses Mal spürte ich keine Notwendigkeit, die ursprüngliche Thematik zu ändern."

INFO

Laura Gibson live: 6. Mai im Haus der Musik in Wien.

CD-Kritik. „Empire Builder“ ist eines von diesen feinen Indie-Alben, die sich recht unspektakulär in die Gehörgänge schleichen, aber schon beim ersten Mal hören mächtig Eindruck hinterlassen. Zärtlich und melancholisch zu einer sanft gezupften Gitarre oder wendig und graziös über wuchtiger Percussion singt Laura Gibson dabei vom Aufgeben der gewohnten Strukturen, vom schlechten Gewissen, ihre Familie zu verlassen, oder über die Vorfreude und die Sehnsucht danach, etwas Neues zu versuchen. Speziell werden andere Songs durch die Arrangements, die schräge, verzerrte Gitarren mit Streichern verbinden oder mit Piano und ein paar Chorstimmen Gibsons genauso ausdrucksstarke wie zerbrechliche Stimme in den Vordergrund rücken. Allen gemeinsam sind die poetischen Texte und die Dringlichkeit der Emotionen, die „Empire Builder“ zu einem Album machen, das in jeder Phase tief unter die Haut geht.

KURIER-Wertung:

Kommentare