Begründer der Wiener Musical-Ära ist tot

Begründer der Wiener Musical-Ära ist tot
Der langjährige Direktor des Theater an der Wien, Rolf Kutschera, ist am Sonntag im Alter von 96 Jahren gestorben.

Die Verdienste von Rolf Kutschera um das Wiener Theaterleben sind gar nicht hoch genug einzuschätzen. Er hat das anglo-amerikanische Musical nach Wien gebracht und hier etabliert. Er hat das Theater an der Wien in einer Zeit der Krise übernommen, als die Gemeinde Wien das Haus vor dem drohenden Abriss gerettet hatte, aber noch nicht recht wusste, was man dort anfangen sollte.
Am Sonntag ist der "Musical-Pionier" Kutschera in Wien mit 96 Jahren gestorben. Den Grundstein seiner Ära legte er mit dem Import von "Wie man was wird im Leben, ohne sich anzustrengen" vom Broadway 1965.

Kassenschlager an der Wien

Das Konzept ging auf. Schon 1966 war die neue Musicalbühne das "meistbespielte Theater in Wien".
1968 bekam Kutschera das Recht zur deutschsprachigen Erstaufführung von "Der Mann von La Mancha", 1972 brachte er Udo Jürgens’ Shaw-Adaption "Helden, Helden" heraus.
"My Fair Lady", "Hello Dolly" und "Evita" wurden Kassenschlager. Unter Kutschera kamen an der Wienzeile 25 Musical-Inszenierungen heraus. In seiner Direktionszeit von 1965 bis 1983 engagierte er u.a. Udo Jürgens, Dagmar Koller, Michael Heltau, Yossi Yadin, Fritz Muliar, Marika Rökk, Blanche Aubry und Josef Meinrad.


Mit dem Theater in Berührung kam der am 6. Jänner 1916 geborene Ottakringer und gelernte Fleischhauer aber schon lange vorher: Zuerst als "Claqueur", ehe er 1938 nach Heidelberg und ein Jahr später nach Linz ging und 1940 am Wiener Volkstheater engagiert wurde.

"König des Boulevards"

Begründer der Wiener Musical-Ära ist tot

Bei der "Wien-Film" wirkte Kutschera bereits vor 1945 in Produktionen mit, nach Kriegsende bei einigen Filmen in Österreich und Deutschland.
Ab 1950 galt er in Berlin als "König des Boulevards". Daneben spielte und inszenierte er am Theater in der Josefstadt, am Hamburger Schauspielhaus sowie in Zürich und Stuttgart, glänzte u.a. mit seinen Inszenierungen der "Staatsaffären", "Bei Kerzenlicht" und "Einzelgänger".


2010 veröffentlichte Kutschera, der mit der 2009 verstorbenen Schauspielerin Susanne von Almassy verheiratet war, seine Erinnerungen unter dem bezeichnenden Titel "Glück gehabt" (Styria Premium Verlag).

Reaktionen: Wien verliert einen "Musicalpionier"

"Mit Rolf Kutschera verliert Wien einen seiner Musicalpioniere", erklärte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny in einer ersten Reaktion auf das Ableben von Rolf Kutschera. "Wie kaum ein anderer hat Rolf Kutschera dazu beigetragen, Wien auf der internationalen Musical-Landkarte zu positionieren". Damit habe der Theatermacher Mut, Offenheit und Weitsicht bewiesen: "Mut, weil er ein nicht abzuschätzendes Risiko eingegangen ist. Offenheit, weil er sich nicht nur Neuem nicht verschlossen hat, sondern auf der Suche nach Neuem war. Und Weitsicht, weil Wien heute auch durch ihn als Musicalmetropole dasteht." ... "Das Musical in Wien hat viele Väter, Rolf Kutschera ist der Ur-Vater", schloss Mailath.

Bei den Vereinigten Bühnen Wien (VBW) zeigte man sich ebenfalls betroffen vom Tod Rolf Kutschera. "Er war ein besonders integrer, liebenswürdiger und musicalbegeisterter Theatermensch, dem es bis zuletzt immer wieder gelungen ist, uns mit Rat und Tat zu Seite zu stehen", so VBW-Generaldirektor Thomas Drozda in einer Aussendung: "Sein Esprit und sein Interesse an allem was `seine VBW` betraf, war auch in seinen hohen 90er Jahren eindrucksvoll und bereichernd, sodass man glauben konnte, die Diskussion mit einem besonders aufgeschlossenen und begeisterten Mittdreißiger zu führen."

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