In Wien gab es zwei Zugänge zum Werk des Komponisten hören – von Patrick Hahn und den Wiener Symphonikern sowie von Jordi Savall mit Le Concert des Nations
24.02.25, 14:24
von Susanne Zobl
An den beiden Wiener Opernhäusern lässt sich derzeit Bellinis „Norma“ vergleichen, in den großen Konzertsälen stand in den vergangenen Tagen nahezu simultan Beethoven auf dem Programm. Die Wiener Symphoniker gastierten im Musikverein mit dem 5. Klavierkonzert und der 3. Symphonie. Jordi Savall, der Erforscher des Originalklangs, und seine Formation Le Concert des Nations hoben mit der „Eroica“ ihren Beethoven-Zyklus im Konzerthaus an und ließen die 5., 6. Und 7. folgen.
Man könnte argumentierten, dass man Aufführungen auf historischen Instrumenten mit jenen auf klassischen symphonischen genauso wenig vergleichen kann, wie Äpfel und Birnen. Dennoch regt ein so dichtes Beethoven-Wochenende dazu an.
Musikverein
Doch zunächst zu den Symphonikern in den Musikverein: Patrick Hahn, der wegen einer Johann-Strauss-Aufführung in Wien war, sprang kurzfristig für den erkrankten Robert Ticciati im Pult der Symphoniker ein. Das Programm ließ er unverändert.
Arnold Schönbergs „Ode an Napoleon“ stellte er Beethovens 5. Klavierkonzert voran. Ein Atout für diesen Konzertabend. Sprecher Cornelius Obonya rezitierte mit Hingabe auf Englisch Lord Byrons Schmähgedicht auf den gescheiterten französischen Diktator. Hahn webte mit den Symphonikern einen transparenten Klangteppich.
Pianist Kirill Gerstein war bei Schönbergs Illustrationen des Texts so in seinem Element, dass er bei Beethoven nicht ganz herausgefunden hat. Ob es daran lag, dass Hahn beide Werke ineinander übergehen ließ? Gerstein setzte auf Technik und eisige Anschläge. Hahn ging auf Nummer sicher, auch bei der „Dritten“. Präzise setzte er Akzente, ließ den Vollklang strömen und verzichtete auf Exzesse.
Kontrastprogramm
Ein Kontrastprogramm in jeder Hinsicht ließ Jordi Savall mit Le Concert des Nations im Konzerthaus erleben. Über fünf Jahre hatte er mit seinen Musikerinnen und Musikern Beethovens Handschriften studiert, denn er wollte wissen, wie sich der Komponist seine Werke vorgestellt hatte.
Der KURIER war bei Savalls zweitem Konzert, das er mit der „Sechsten“ in F-Dur, der „Pastorale“ begann. Das war hochspannendes Klangtheater, mit frohsinniger Leichtigkeit hoben die Streicher an, betörten mit ihrem herben Klang, die Bläser intonierten die Vogelstimmen lautmalerisch, die Naturhörner spielten ihren Charme aus. Das alles passte zum Szenario dieser Landpartie, die Beethoven zur Musik werden ließ.
Das Spannendste aber war Savalls Tempowahl. Alles klang in jeder Passage absolut natürlich. Bei der „Siebten“ in A-Dur wurde klar, dass es nicht primär darauf ankommt, ob auf historischen oder klassischen Instrumenten gespielt wird. Denn für Spannung müssen die Interpreten aufkommen. Die gab es bei Savall. Bei ihm klang alles ganz logisch, martialische Marschrhythmen, ein fast kurzatmiges Staccato, eine gewisse Schwere im Allegretto, die diesem Satz etwas Staatstragendes verlieh, eine Klangdichte im Presto. Die Holzbläser agierten alle virtuos, deren speziellen Klang jedoch muss man mögen wie das Publikum, das alle Beteiligten bejubelte. Fortsetzung folgt im Juni.
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