Beethoven in der Nationalbibliothek: Großmogul, Titan und Sonderling

Beethoven in der Nationalbibliothek: Großmogul, Titan und Sonderling
„Beethoven“ zwischen „Menschenwelt und Götterfunken“ im Prunksaal der Nationalbibliothek

Beethoven, wohin man blickt. Obwohl: Beethoven braucht kein Gedenkjahr. Beethoven-Jubeljahr ist immer. Aber 2020 jährt sich zum 250. Mal der Geburtstag des Komponisten, der für die einen ein „empfindsamer Titan“ ist, für andere ein trotziger, in sich gekehrter Sonderling und launischer Nonkonformist.

Nach Themengruppen wie „Mäzene“, „Musiker & Verleger“, „Frauen & Freunde“ oder „Alltag“ ist die Ausstellung „Beethoven“ (bis 19. April) im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖBN) gegliedert.

Sie erzählt abseits der posthumen Heroisierung, wer dieser in Bonn gebürtige Wahlwiener war, der zwar als Eigenbrötler galt, aber in ein dichtes Beziehungsgeflecht eingebunden war.

„Der Copist ... ein Esel“

Die Schau zeigt Beethoven an Hand von rund 100 Objekten wie Originalhandschriften, Briefen und Bilddokumenten von der menschlichen und emotionalen Seite als Künstler mit Ecken und Kanten – und als Genie.

Ohne ihn zu überhöhen. Und nicht als steife Ikone.

So machte er auf einem Notenblatt der „Frühlingssonate“ op. 24 seinem Unmut mit der Anmerkung Luft: „Der Copist der die 3 und 6 hier hinein gemacht war ein Esel.“

Schon der Lehrer Joseph Haydn gab seinem jungen und wohl recht ungestümen Schüler Beethoven den Spitznamen „Großmogul“.

„Als Zeugnis schwärmerischer Leidenschaft gilt Beethovens Brief an die unsterbliche Geliebte, dessen Botschaft zwischen den Zeilen viel über die psychische Befindlichkeit des Schreibers selbst verrät“, sagt Thomas Leibnitz, Direktor der ÖNB-Musiksammlung.

Im Heiligenstädter Testament von 1802 ist Beethovens Verzweiflung über die fortschreitende Ertaubung und den nahenden Tod spürbar. Er klagt, zu Unrecht als misanthropisch oder gar feindselig gehalten zu werden.

Für die ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger ist „das überragende Highlight der Schau“ eine kostbare Leihgabe aus der Staatsbibliothek zu Berlin: Die Originalpartitur des Finales der 9. Sinfonie, D-Moll op. 125, „gastiert“ für drei Monate im Prunksaal – mit der Verbindung der Hauptthemen Freude und Brüderlichkeit. Mit den berühmten Textzeilen „Freude schöner Götterfunken“ und „Seid umschlungen Millionen“. Rachinger: „Das Autograf der wohl berühmtesten Komposition Beethovens steht auch auf der Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes und ist zum ersten Mal in Österreich in einer Ausstellung zu sehen.“

Beethoven in der Nationalbibliothek: Großmogul, Titan und Sonderling

„Beethoven Digital“

In der Sammlung von Handschriften und alten Drucken der ÖNB befinden sich mehr als 130 Briefe Beethovens und in der Musiksammlung 13 Handschriften seiner Kompositionen sowie 941 Bände mit Erst- und Frühdrucken seiner Werke; außerdem in Bildarchiv und Grafiksammlung über 1.000 Objekte wie Porträts, Plakate, Fotos von Beethoven-Denkmälern und Druckgrafiken. Zum Jubiläumsjahr wurden die ÖNB-Bestände digitalisiert und sind jetzt unter dem Web-Portal „Beethoven Digital“ abrufbar.

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