Im Leben eines Alkoholikers
Fred Schiphorst, 60 Jahre alt, Alkoholiker. „Und einer der nettesten Menschen, den ich jemals getroffen habe“, sagt Jasper Juinen. Der Fotograf, der bereits für internationale Nachrichtenagenturen wie Reuters, AP oder Getty Image gearbeitet hat, begleitete Schiphorst einen Tag lang mit der Kamera durch seine Heimatstadt Amsterdam. Schiphorst arbeitet dort in einem Programm namens „Veegproject“: Insgesamt 20 Suchtkranke säubern in dem von der Hauptstadt der Niederlande initiierten Projekt die Parks der Stadt und werden dafür mit Bier (zwei zum Frühstück, zwei zu Mittag, eines nach Feierabend), Tabak, 10 Euro und einer warmen Mahlzeit am Tag entlohnt.
Pragmatisch
Das Programm hatte Anfang des Jahres auch international für Schlagzeilen gesorgt. Experten kritisierten, dass man Alkoholkranke besser auf Entzug schicken und nicht auch noch mit Bier bezahlen solle. In den Niederlanden gilt das Projekt aber als Erfolg. Immerhin, so der Tenor, würden die Alkoholiker jetzt nicht mehr in den Parks rumlungern, sondern sie im Gegenteil auch noch aufräumen. Ein pragmatischer Zugang.
Empathisch
Jasper Juinen gelang mit seiner Kamera ein empathischerer Blick: Ästhetische Schwarzweiß-Bilder dominieren in „Beer for Work“ – dokumentarisch, nie wertend, schon gar nie entstellend zeigt Juinen Szenen aus dem Leben des Amsterdamers. „Ich wollte die sehr persönliche Geschichte von Fred Schiphorst erzählen“, erklärt der 41-Jährige via Email. „Ich hatte den Auftrag die Putz-Kolonne, mit der er arbeitet, zu fotografieren. Während der Mittagspause haben wir uns dann unterhalten und uns richtig angefreundet.“ Juinen begleitete Schiphorst in seine Wohnung, hörte sich seine Geschichte an. „Seine erste Frau starb 1970 an einer Überdosis Drogen. Sie war schwanger. Seine zweite Frau an Krebs. (…) Er begann zu trinken, ließ sich in verschiedenen Kliniken auch behandeln, aber er verlor“, erzählte Juinen im Interview mit Spiegel Online.
Fred Schiphorst selbst ist davon überzeugt, dass ihm das unorthodoxe Programm dabei hilft, sich aus seiner Sucht zu befreien. Erste Erfolge könne er schon sehen: „Früher habe ich drei Liter Genever am Tag getrunken, ohne umzufallen. Jetzt geht’s mir viel besser. Ich habe etwas zu tun, bekomme ein warmes Mittagessen und mein Bier. Den Genever lass’ ich jetzt stehen“, verriet er in einem Gespräch mit DerWesten. Jetzt habe er sich sogar zum Ziel gesetzt, ganz mit dem Trinken aufzuhören. „Dann kann ich wieder ein normales Leben führen“,
Zur Person: Jasper Juinen, 1973 in Rotterdam geboren, wurde bei der Nachrichtenagentur Reuters zum Fotografen ausgebildet. Später arbeitete er für Getty Images, die niederländische Presseagentur ANP und für AP. Aktuell ist er als freier Fotograf in Utrecht tätig.
Kommentare