Der Zuschauerraum gibt ein gutes Bild davon ab, wie das Schauspielhaus einer Kleinstadt mit 163 Sitz- und 60 Stehplätzen Ende des 18. Jahrhunderts ausgesehen hat – mit Parkett und einer Galerie mit einer Loge. Die Holzverkleidung stammt zum Teil aus dem Franziskanerkloster in Grein, das Josef II. aufgelassen hat.
Aus dem heute zugemauerten Fenster vom Gefängnisturm nebenan konnten die Sträflinge seinerzeit durch die offene Tür auf die Bühne sehen. Verschwunden ist zwar im Zuge vieler Renovierungen die originale Kulissenbühne, aber die alten Sperrsitze gibt es noch: Jeder Sitz ist aufklappbar und kann an die Lehne gesperrt werden. Greins Bürger von einst hatten als Theater-Abonnenten den Schlüssel zu ihrem Sitz. Wer das Haus verließ, sperrte den Klappsitz wieder zu.
Als ältestes Dokument erhalten geblieben ist ein Theaterzettel aus dem Jahre 1793. Aufgeführt wurde damals „Der Trauerschmaus“ oder „Der Bäckermeister Kasperl“, ein Lustspiel in drei Akten.
Später wurde auch durchaus Anspruchsvolleres u. a. von Ibsen, Schönherr und Schnitzler aufgeführt. Prominente Künstler wie Paula Wessely und Hans Jaray gastierten im heute unter Denkmalschutz stehenden Theatersaal, der auch Kulisse für einen Schubert-Film war.
Salzkammergut
Blamabel ist hingegen die jüngste Geschichte des Lehár-Theaters in Bad Ischl. Schon der Ankauf des Baujuwels durch die Stadtgemeinde zog sich wie ein Strudelteig und musste fünfmal beschlossen werden. Dass die Renovierung nun bis zum Kulturhauptstadtjahr 2024 nicht abgeschlossen werden kann, und das Haus frühestens 2026 wieder nutzbar sein wird, provoziert bei vielen Kopfschütteln.
Obendrein wird das Budget gekürzt: 19 Millionen Euro für die Sanierung seien nicht leistbar. Die Suche nach billigeren Varianten läuft.
SP-Bürgermeisterin Ines Schiller ist es „besonders wichtig, dass das Lehár-Theater künftig multifunktionell wieder mit Kino sein wird.“
Zyniker sagen: „Vielleicht geht, was einmal als Leuchtturm-Projekt für 2024 gedacht war, wenigstens zum 200-Jahr-Jubiläum wieder in Betrieb.“ Denn am 1. Januar 1827 hatten etwa 20 wohlhabende Bürger am Stammtisch im Extrazimmer des Gasthauses „Zur Post“ beschlossen, dem vier Jahre vorher von Ärzten gegründeten Kur- und Badeort im Salzkammergut ein Theater zu geben.
Am Kreuzplatz 16 wurde es bereits vier Monate später eröffnet. Dessen Äußeres schwankte „zwischen einem verschwommenen Barock und einer Art Renaissancestil“, schrieb das Neue Wiener Journal. „Und mit den famosen hohlen Säulen beim Haupteingang glich es eher einem kleinen Bad in Smyrna als einem oberösterreichischen Theater.“
Von 1849 bis 1914 war Ischl die Sommerresidenz Kaiser Franz Josephs I. Unter den Sommerbühnen Österreichs hatte sein Sommertheater stets eine Vorrangstellung, wo man auch Stücke leichter Genres und Operetten sehen konnte. Johann Nestroy als erster Gaststar kaufte sich auch als erster Künstler in Ischl eine Villa. Der Kurort an der Traun galt als Sprungbrett für eine Bühnenkarriere in Wien, wo um 1900 kein Schauspieler von Rang und Bedeutung nicht wenigstens einmal in Ischl in der „kleinen Burg“ aufgetreten wäre.
Helene Odilon, Katharina Schratt u. a. waren viele Sommer hindurch gefeierte Ehrengäste des Kurtheaters, das 1940 zu Franz Lehárs 70. Geburtstag in Lehár-Theater umbenannt wurde. Schließlich gestand der Operetten-Komponist: „In Ischl habe ich immer die besten Ideen ...“
Viele Anekdoten kursieren vom besonders populären Alexander Girardi, der in Ischl sogar beim alten Kaiser zu Gast, dabei aber keineswegs heiter sondern verlegen war, bis Franz Joseph ihn fragte: „Ja aber, lieber Girardi, warum denn so still?“ Und der Schauspieler antwortete: „Ja, Majestät, sitzen Sie einmal neben dem Kaiser.“
www.stadttheater-grein.at
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