Baujuwelen, Bausünden: Palais Trautson, "einer der nobelsten Paläste Europas"
Kaum zu glauben, dass eines der großartigsten Bauwerke von J. B. Fischer von Erlach einmal eine Kaserne war.
Kaum zu glauben, dass das Juwel des Barock einmal abgerissen werden sollte.
Das Palais Trautson, seit 1966 Sitz des Justizministeriums und heute vom Stadtverkehr umflutet, entstand 1710 bis 1720 als Gartenpalast.
Eine Bildkomposition des Vedutenzeichners und Kupferstechers Salomon Kleiner zeigt, wie Pfeifen rauchende Lümmel vom schattigen Basteieck auf die fürstliche Prachtentfaltung blicken.
Die Fürsten Trautson, deren Majoratspalast im 17. Jahrhundert am Minoritenplatz stand, liebten auch besonders den Aufenthalt im Schloss Goldegg bei St. Pölten und empfingen dort viele Gäste. Auch Kaiserin Maria Theresia, die gern Besuche in Schlössern machte, kam mit ihren Töchtern nach Goldegg.
Anekdote
Im Jahre 1728 hatte Kaiser Karl VI. auf einem Jagdausflug in der Steiermark, an dem auch sein Günstling Trautson teilnahm, einen Hirsch mit meisterhaftem Schuss erlegt.
„Dös is a Schuss“, sagte Trautson. „Wär g’scheiter, Euer Majestät wären a Jager worden.“ Worauf der Monarch, gut gelaunt, meinte: „Na, na, haben so a z’leben.“
Als das Geschlecht der Trautsons bereits mit dem Sohn des Bauherren, dem Obersthofmeister zweier Kaiser, ausstarb, ging das Palais im Grünen vor der Burgbastei 1760 an die kurz zuvor von Kaiserin Maria Theresia gegründete königlich-ungarische Leibgarde.
Da erinnerte schon nichts mehr an die einst luxuriösen Feste, bei denen die Auffahrt der Galakarossen eine schaulustige Menge vor das Portal auf den mit Fackeln beleuchteten Platz lockte. Und bei denen die vasengeschmückte Gartenmauer, die Arkaden der Orangerie und die französische Gartenanlage Dekor und Kulisse waren. Sie waren Stallgebäuden und einer Reitschule zum Opfer gefallen.
Erhalten geblieben ist vom Bild auf alten Stichen nur das Hauptgebäude, das nach dem Soldatenheim mit dem „Collegium Hungaricum“ von 1924 bis 1963 eine Kulturinstitution beherbergte.
Beeindruckend ist vor allem die Innenarchitektur: das großzügige quadratische und mit Säulen geschmückte Vestibül, in das die Kutschen bis vor die von Sphingen und Atlanten flankierte monumentale Prunktreppe fahren konnten.
Sie führt zum durch seine Höhe, seine Dimensionen und Stuckverzierungen der Wände imposant wirkenden großen Saal im ersten Stock.
Hofkleider-Modenschau
Hier fand im Frühjahr 1917 eine Ausstellung der mit Gold und Silber gestickten prachtvollen ungarischen Hofkleider statt, die die Erzherzoginnen und die bei der Krönung Kaiser Karls und der Kaiserin Zita anwesenden Damen getragen hatten.
Erst bei Ausbesserungsarbeiten einige Jahre später wurden unter einer fünffachen Kalkschicht die alten Decken- und Wandmalereien des Marcantonio Chiarini wiederentdeckt.
Vom Maler aus Bologna und seinem Schwiegersohn Caetano Fanti stammen auch die illusionistischen Fresken in der „Sala terrena“ mit rein ornamentaler Bemalung, einem der wenigen im Original erhaltenen Räume dieser Art.
Das Palais Trautson ist „einer der nobelsten Paläste Europas“, sagte Hans Sedlmayr. Der Kunsthistoriker gehörte im Jahr 1950 zu den Gegnern eines Planes der österreichischen Bundesregierung, auf dem Gelände des ehemaligen Gartens des Wiener Palais Trautson ein Stahlbeton-Bürohaus zu errichten.
In der „harmonischen Einfügung der Neuanlage zwischen Trautson- und Auersperg-Palais“ sollte ein bis zu 35 Meter hohes, elfstöckiges Haus errichtet werden, „unter der Voraussetzung, dass eine Störung des städtebaulichen Gefüges vermieden wird“.
Geschichte wiederholt sich manchmal doch: Denn irgendwie erinnert dieses damals – Gott sei’s gedankt – verhinderte Projekt frappant an die Diskussionen über das Hochhaus am Heumarkt und die Neubebauung von Wien Mitte Jahrzehnte später.
Bausünde. Häusern nachträglich Hüte aufzusetzen, geht oft schief. Was der Blick auf viele Dachausbauten in Wien bestätigt. Warum diese Aufbauten wie Wimmerln auf die historische Bausubstanz aufgepfropft werden, ist nicht zu verstehen.
Am Karmelitermarkt entpuppt sich ein überdimensionaler Glaskobel mit Gold-Protz auf dem Dach eines Jugendstilhauses als Beleidigung für sensible Ästheten.
Optik egal?
Schon der Denkmalschutz ist in Österreich bekanntlich ein zahnloses Krokodil. Aber wo bleibt das Stadtplanungsamt, wenn man es einmal braucht? Aber da hieß es schon vor Jahren, man wolle gezielt Kontraste erzeugen.
Unpassende Dachaufbauten werden oft genehmigt, weil man sie ja angeblich „von der Straße aus nicht sieht“. Eine Ausrede. Durch ein Krapferl, rücksichtslos auf die historische Bausubstanz drauf gesetzt, wurde das Haus in der City Am Hof 11 („Zur goldenen Kugel“) hässlich. Hier ist das Penthouse ein Sündenfall im Stadtbild.
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