Ballettpremiere „The Winter's Tale“ an der Staatsoper: Ausgezeichneter Tanz mit Happy End
Ein gelungenes abendfüllendes Handlungsballett nach der literarischen Vorlage von William Shakespeare.
20.11.24, 12:33
Wien
Von Silvia Kargl
„The Winter’s Tale“ ist ein gelungenes abendfüllendes Handlungsballett nach der literarischen Vorlage von William Shakespeare. Dazu wurde vom Wiener Staatsballett in der Staatsoper bei der Premiere am Dienstag gut getanzt, Christopher Wheeldon choreografiert mit dem Tänzerinnen und Tänzern vertrauten, klassischen Ballettvokabular. Gemeinsam mit dem Komponisten Joby Talbot nahm er kleine Änderungen in Shakespeares Drama vor, die der Handlung im Tanz zu mehr Stringenz verhelfen, ohne die Charakterisierung der Rollen zu verändern.
Schon in einem idyllischen Prolog gelingt es Wheeldon, die an sich verworrene Handlung tatsächlich in Tanz zu übertragen. Zwei Freunde, die märchenhaften Könige Leontes von Sizilien und Polixenes von Böhmen, treffen nach langer Zeit aufeinander. Wheeldon zeigt die Doppelbödigkeit dieser auf den ersten Blick freudigen Begegnung. Ein Pas de trois mit der hochschwangeren Hermione, Leontes‘ Frau, lässt deutlich die bedrohliche Eifersucht des werdenden Vaters spüren. Für die Kunstform Ballett ist der Auftritt einer (gespielten) Schwangeren in dieser Form neu, bringt jedoch eine emotionale Ebene ein, die das Stück durchzieht.
Brendan Saye gibt König Leontes, der wie bei Shakespeare das Genre der Bösewicht-Figuren durchbricht. König Polixenes wird von Masayu Kimoto getanzt, Hyo-Jung Kang überzeugt in der Mutterrolle der Hermione. Auf den sanften Beginn folgen dramatische Szenen. Leontes beschuldigt seine Frau des Ehebruchs und bringt sie vor Gericht. Hier hat ein drittes Tanzpaar seinen ersten großen Auftritt. Ketevan Papava als Hofdame Hermiones steht für Trauer und Versöhnung, tanzt einen eigenen, ausdrucksstarken Stil. Ihr Mann Antigonus (Zsolt Török) muss die neugeborene sizilianische Prinzessin Perdita nach einer stürmischen Schiffsreise in einem surrealen Böhmen aussetzen. Diese Szene arbeitet mit filmischen Mitteln, wird Antigonus doch schließlich von einem Bären getötet.
Wie im Märchen üblich, überlebt der Säugling. Nach einem Zeitsprung von 16 Jahren hat Perdita sich in einen vermeintlichen Hirten verliebt, der in Wirklichkeit König Polixenes Sohn Prinz Florizel ist. Ioanna Avraam und Davide Dato geben ein bezauberndes Liebespaar, das vor dem ob der Beziehung rasenden König fliehen muss – man ahnt es schon, nach Sizilien.
Ausgezeichnet tanzt dazu das Corps de ballet, changiert zwischen dramatischen und luftig anmutenden Szenen. Am Ende folgt ein Happy End, in dem die Liebe siegt.
Großen Anteil am Erfolg haben auch die farbenreiche Ausstattung Bob Crowleys und die für „The Winter’s Tale“ komponierte Ballettmusik von Joby Talbot. Ein gelungenes Beispiel, wie Choreografie und Komposition ineinandergreifen. Überzeugend dazu ist Christoph Koncz als musikalischer Leiter des Orchesters und Bühnenorchesters der Staatsoper.
KURIER-Wertung: Vier Sterne
(kurier.at, ley)
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