Ballettchef Legris verabschiedet sich virtuell und "optimistisch"

Ballettchef Legris verabschiedet sich virtuell und "optimistisch"
Manuel Legris über die digitale Nurejew-Gala und die schwierigen Herausforderungen für den Tanzbetrieb.

Von Silvia Kargl

Vor einigen Wochen hätte ich nicht gedacht, dass wir uns doch noch vom Publikum verabschieden können“, freut sich der scheidende Ballettdirektor Manuel Legris, dass die Tänzerinnen und Tänzer des Wiener Staatsballetts begonnen haben, sich „Schritt für Schritt“ auf die Rückkehr zur Bühne vorzubereiten. Zum Abschied wird es sogar die von Legris 2010 eingeführte Nurejew-Gala am Ende der Saison geben, diesmal freilich in einem anderen Format.

Heute, Donnerstag, steht sie unter (www.staatsoperlive.com) ab 14 Uhr für 24 Stunden kostenfrei zur Verfügung. Seit drei Wochen sind die Tänzerinnen und Tänzer wieder im Ballettsaal, wenn auch mit den Coronavirus-Verordnungen unter neuen Bedingungen. In den zwei Monaten davor bekamen sie von der Staatsoper ein Stück Tanzboden in ihre Wohnungen geliefert, um sich meist mittels virtueller Trainingseinheiten in Form zu halten. „Das Schlimmste ist dabei noch nicht einmal, dass man gewisse Teile des Trainings wie zum Beispiel Sprünge nicht zufriedenstellend durchführen kann. Ich halte den Mangel an Motivation, wenn es keine Vorstellungen und kein Publikum gibt, für mindestens genau so arg“, stellt Legris fest.

Neue Energie

Nun gibt es nach ersten Lockerungen doch Lichtblicke. Nur fixe Gruppen trainieren gemeinsam. Nach jeder Gruppe wird der Ballettsaal gelüftet und desinfiziert. Es gibt keinen Kontakt zwischen den Gruppen, alle sind negativ getestet, die Teilnahme an den Proben und der Nurejew-Gala ist freiwillig. „60 Tänzerinnen und Tänzer haben sich gemeldet. Ich sehe ihre Energie, ihre Freude auf dem Weg zurück.“

So kam Legris die Idee zu diesem kurzfristig angesetzten, dreiteiligen Gala-Programm. Der erste Teil wird im Ballettsaal aufgezeichnet. „Es ist keine virtuelle Aufführung ohne Publikum, sondern mehr eine Demonstration und ein Einblick in unsere jetzige Form. Ich finde es zu früh, um auf die Bühne zu gehen. Das Solo-Format wird im Mittelpunkt stehen, es darf vorschriftsgemäß möglichst keinen körperlichen Kontakt geben. Pas de deux wird daher nur von Paaren getanzt, die zusammenleben. Für die anderen habe ich Ausschnitte aus Choreografien gewählt, in denen es keine Berührungen gibt. Zudem sind sie dem Trainingsstand angepasst, um niemand dem Risiko einer Verletzung auszusetzen.“

So werden kurze Szenen aus 15 Balletten der nach zehn Jahren zu Ende gehenden Ära Legris zu sehen sein, dazu zwei Uraufführungen, die Eno Peci und Legris dieser Tage kreiert haben. Für den zweiten und dritten Teil der Gala stellt Legris Ausschnitte aus Aufzeichnungen aus den letzten neun Nurejew-Gala-Programmen zusammen, die einen Rückblick auf das hohe tänzerische Niveau des Wiener Staatsballetts geben.

Im Dezember wird Legris die Leitung des Balletts der Mailänder Scala übernehmen. Noch ist nicht bekannt, wann diese wieder öffnen wird, „doch ich muss optimistisch sein“ sieht Legris der neuen Aufgabe entgegen.

Dennoch steht die internationale Ballettwelt vor großen Problemen. Die Compagnien in den USA stehen vor langen Zwangspausen, viele Tänzerinnen und Tänzer wurden gekündigt und sind arbeitslos. Doch es gibt auch einen Lichtblick, der vom 81-jährigen John Neumeier und seinem Hamburg Ballett kommt. Neumeier arbeitet all die erzwungenen Besonderheiten in ein Stück ein. „Ghost Light“ wird am 6. September uraufgeführt.

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