Ballettakademie: Kommission ortet "Gefährdung des Kindeswohls"

Die Vorsitzende der Untersuchungskommission, Susanne Reindl-Krauskopf, bei der Präsentation des Abschlussberichtes zur Aufklärung und Evaluierung der Vorwürfe gegen die Ballettakademie der Wiener Staatsoper
Durch „unzureichend kontrollierte Gesamtbelastung der jungen Tänzer und Tänzerinnen“. Abschlussbericht liegt vor.

Mangelnde Strukturen in Bezug auf die Verantwortlichkeiten, unzureichende medizinisch-therapeutische Versorgung der Ballettschüler und fehlendes Problembewusstsein in Bezug auf Kinderschutz und Kindeswohl: Zu diesem verheerenden Schluss kommt die Sonderkommission zur Klärung der Vorwürfe an der Ballettakademie der Wiener Staatsoper, die am heutigen Dienstag ihren Abschlussbericht vorgelegt hat.

Ballettakademie: Vernichtender Kommissionsbericht

„Eine Gefährdung des Kinderwohls“ sieht die Kommission in ihrem schriftlichen Bericht etwa durch „die unzureichend kontrollierte Gesamtbelastung der jungen Tänzer und Tänzerinnen, die sich aus Training, Proben, Auftritten, Wettbewerben und dem Schulbesuch ergeben. Erschwerend kommt das Fehlen einer weisungsfreien Kinderschutzbeauftragten hinzu“. Zu bereits getroffenen Maßnahmen seitens der Ballettakademie heißt es im Abschlussbericht, der an der Universität für Musik und darstellende Kunst präsentiert wurde: Die gesetzten Schritte erweckten den „Eindruck, dass zwar an verschiedenen Punkten gearbeitet wird, es aber noch an einem nachvollziehbaren Gesamtkonzept fehlt“. Die grundsätzliche Empfehlung der Kommission richte sich daher „darauf, eine Strategie für eine zeitgemäße (klassische) Ballettausbildung auf höchstem Niveau unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der potenziellen SchülerInnen und der (schul)rechtlichen österreichischen Rahmenbedingungen zu entwickeln“.

Dominique Meyer im KURIER News Interview vom 10. April

Die Kommission war im April vom damaligen Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) eingesetzt worden, nachdem zuvor schwere Vorwürfe gegen die Ballettakademie laut geworden waren. Vornehmlich durch eine mittlerweile entlassene Ballettlehrerin seien die Schüler dort teils gedemütigt worden, Gewalt und Drill sowie einem ungesunden Körperbild ausgesetzt gewesen. Auch der Vorwurf eines sexuellen Übergriffs durch einen Lehrer stand im Raum.

Insgesamt hat die Kommission, die zunächst von der nunmehrigen Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein geleitet und dann von Susanne Reindl-Krauskopf, Vorständin des Instituts für Strafrecht und Kriminologie an der Uni Wien, abgelöst wurde, 16 Mal getagt und mit 24 Auskunftspersonen gesprochen. Bei der eingerichteten Clearing-Stelle hätten sich 43 Personen gemeldet, wobei 20 Personen an beratende Stellen weitervermittelt wurden. Nach dem bereits im Juli veröffentlichten Zwischenbericht liegt nun eine abschließende Einschätzung vor. Zwar seien seit Beginn der Tätigkeit der Sonderkommission im April seitens der Ballettakademie zahlreiche Änderungen vorgenommen worden, „doch erwecken sowohl die Vorgehensweise wie auch die Inhalte der getroffenen Maßnahmen bei der Kommission den Eindruck, dass die Motivation dieser Änderungen nicht primär dem Wohl der Kinder und Jugendlichen gilt“, heißt es zusammenfassend.

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