Baiba rebelliert gegen überholtes Rollenbild von Musikerinnen

Baiba rebelliert gegen überholtes Rollenbild von Musikerinnen
Die in Innsbruck lebende Lettin wechselt mit dem Album "Lighter" vom Singer/Songwriter-Sound zu experimentellem Elektro-Pop

Eine „kleine Rebellion“ gegen die gesellschaftlichen Vorgaben ihrer Ex-Heimat Lettland ist für die in Innsbruck lebende Musikerin Baiba ihr zweites Album „Lighter“. Denn mit dem Freitag erscheinenden Werk vollzieht die 30-Jährige den Wandel von der „braven“ Singer/Songwriterin zur Elektropop-Künstlerin mit Freude am Experimentieren.

„Ich bin in Lettland auf einem Bauernhof aufgewachsen. Da wurde mir immer erzählt, wie man ein ,gutes’ Mädchen ist. Deshalb war ich früher so schüchtern und habe meine Songs brav mit Gitarre oder Klavier begleitet. Es hat Jahre gedauert, bis ich das Gefühl hatte, ich muss nicht in diese Rahmenbedingungen passen, darf sein, wie ich bin – eben auch ein bisschen eigenartig.“

Diesen Prozess machte Baiba Dekena, wie sie bürgerlich heißt, in Österreich durch. In die kreative Richtung drängte sie aber schon in Lettland. Mit sieben Jahren begann sie, klassisches Klavier zu studieren, sattelte nach zehn Jahren auf Literatur und Kreatives Schreiben um.

Ihren Lieblingskünstlern westlicher Popmusik musste sie damals allerdings noch nachjagen: „Ich bin kurz nach der Unabhängigkeit Lettlands von der Sowjetunion geboren. Damals kam ich an diese Musik nur, weil wir einmal im Monat auf den Markt nach Riga gefahren sind, wo es billig hergestellte Kopien der Alben von Coldplay oder Linkin Park gab, und ich wurde ein großer Fan von Björk, Portishead und Placebo.“

Vor sieben Jahren kam sie im Rahmen des EU-Förderprogramms der Freiwilligendienste nach Innsbruck, um dort für ein Jahr in der Kulturbackstube „Die Bäckerei“ zu arbeiten. Als Verantwortliche für das Programm der Institution lernte sie viele Kreative kennen, hatte sofort ein Netzwerk von Leuten, mit denen sie an ihrer Musik arbeiten konnte, und blieb.

Den Job in der Bäckerei hat Baiba immer noch. Über mangelnde Unterstützung in der Krise kann sie nicht klagen: „Die Kulturabteilungen der Stadt und auch des Landes waren sehr hilfreich. Vielleicht hat ein bisschen die Klarheit gefehlt. Aber die Leute in den Ämtern haben eben auch nicht gewusst, wie es weitergeht.“

So will Baiba in Österreich bleiben, weiter hier ihre Songs über die Schönheit des Lebens und die Liebe schreiben. Denn sie bewundert die Solidarität in der hiesigen Kunstszene. Ein weiterer Unterschied zwischen der alten und der neuen Heimat wurde in der Pandemie deutlich: „In Lettland sind die Leute viel reservierter. Wir mögen es nicht, einander zu berühren, küssen uns nicht, wenn wir uns begrüßen. Deshalb gab es in der Pandemie in Lettland den Witz: Wir müssen jetzt zwei Meter Abstand halten und die Leute fragen: ,Warum so wenig?´“

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