Das wurde ihr zweiter großer tierischer Bucherfolg - neben „Nero Corleone“, ihrem berühmten Kater. Tiere scheinen Ihnen Glück zu bringen.
Ich habe anscheinend einen richtigen Ton getroffen. In vielen meiner Geschichten kommen ja gar keine Tiere vor, sondern meine ewigen, unglücklichen Lieben. Oder mein Verhältnis zu meiner Mutter. Man schreibt, glaube ich, immer ein bisschen am eigenen Leben entlang, auch wenn es nicht wirklich autobiografisch ist. An dem, was man empfindet und erlebt hat. Und Tiere haben in meinem Leben immer eine Rolle gespielt. Ich habe auch jetzt wieder einen Hund, der gerade während ich mit Ihnen rede, zu meinen Füßen liegt und schläft.
Letztes Jahr haben Sie schon wieder etwas Außergewöhnliches geschafft: Sie haben mit "Altern" das erfolgreichste Sachbuch in Österreich und Deutschland geschrieben.
Ja, ein Wahnsinn! Ich verstehe gar nicht, warum. Ich hatte über das Thema Altern noch gar nicht viel nachgedacht, als ich vom Verlag gebeten wurde. Daher dachte ich: Ich schreibe jetzt einfach mal auf, wie wohl ich mich in meinem Alter fühle, und sage den Leuten, mein Gott, meckert nicht rum, dass das Alter schrecklich ist! Es ist nicht schrecklich, macht was draus. Es ist schrecklicher, wenn man zu Hause sitzt und jammert. Der Tod kennt unsere Adresse, der findet uns schon. Der findet uns auch mit 27, mit 30 oder mit 50. Und 82 zu werden in einem Land ohne Krieg und mit Demokratie, empfinde ich als ein großes Geschenk.
Das wollten Sie niederschreiben?
Ich bin für jeden Tag dankbar. Ich wollte den Menschen einfach sagen: Habt keine Angst, lebt euer Leben, seid keine grauen Mäuse, geht raus, verliebt euch, trinkt Wein, seid lustig, geht ins Theater, haut euer Geld raus, ihr müsst nichts vererben. Ich höre immer wieder bei Lesungen: Seit ich das gelesen habe, gucke ich ganz anders auf die Welt.
Schön! Blieben Ihnen da bestimmte Erzählungen in Erinnerung?
Ja, zwei ganz besonders. Da war ein Brief bei, von einer Frau, die sagt, ich bin 78, ich wohne in einem Miethaus, und hier wohnt ein älterer Mann und wir beide gucken uns seit Jahren freundlich an. Ich bin ganz verliebt in ihn. Jetzt mit Ihrem Buch traue ich mich, ihn drauf anzusprechen! Mehr als nein sagen kann er nicht.
Wie ging das aus?
Leider hat sich die Frau nicht mehr gemeldet.
Und die zweite Erinnerung?
Ich stehe in Frankfurt auf dem Bahnhof. Da kommt ein Mann auf mich zu, mit einem Packen Zeitungen unterm Arm. Und er erzählt mir, er sei 75 und habe fünf Jahre seine demenzkranke Frau gepflegt. Die sei jetzt gestorben, und seitdem habe er zuhause gesessen, sich in der Mikrowelle Essen warmgemacht und gar nicht mehr am Leben teilgenommen. Und dann hat er mein Buch gelesen und sich gesagt: ,Ich bin 75, soll das jetzt noch 20 Jahre so weitergehen? Ich kann ja 95 werden. Ich bin kerngesund.' Dann hat er beschlossen, sich wieder schön anzuziehen, rauszugehen. Und er sagte, gucken Sie mal hier, heute ist Samstag, ich habe mir alle Wochenendzeitungen gekauft. Ich gehe jetzt in ein Café, trinke ein Glas Champagner, lese die Zeitungen. Ich bin wieder in der Welt. Darf ich Sie mal umarmen? Dann haben wir uns umarmt und dann saß ich heulend vor Glück im Zug.
Wie heilsam!
Wissen Sie, ich habe mein eigenes Alter immer verdrängt. Nicht dran denken, was danach ist! Für das Buch hab ich's getan und habe gemerkt, ich fürchte mich gar nicht. Irgendwann falle ich natürlich um und bin krank oder tot. Ist doch klar in meinem Alter. Aber es macht mir keine Angst mehr. Ich hab mir selber meine eigene Angst weggeschrieben.
Auch die Weltgeschichte hat es lange gut mit uns gemeint.
Wir haben das Goldene Zeitalter gehabt! Wir hatten alle Chancen und Möglichkeiten. Gucken Sie mal, wie sich die Welt jetzt zuzieht. Ich war ganz oft in Amerika, ich würde im Moment nicht hinfahren mögen, mit all den Trump-Scherzen auf meinem Handy. Dass man so schon wieder denken muss, unglaublich.
Und nicht nur dort.
Ich merke derzeit stark, wie die Zeiten sich ändern. Und ich merke daran, was ich für ein unendlich glückliches Leben habe. Da werde ich ja wohl nicht wehklagen, wenn ich im Alter mal schlecht schlafe oder mir die Knie weh tun.
Haben Sie aus diesem glücklichen Leben etwas gezogen, das Sie den nächsten Generationen vielleicht mitgeben wollen?
Ach, als ich jung war, wollte ich doch auch keine Ratschläge haben. Was man im Alter den Jungen sagen, verpufft. Sie sind jung, die können sich überhaupt nicht vorstellen, dass sie mal 60 werden. Sie sind beschäftigt mit Liebe, mit ihrem Beruf, mit ihrem Aussehen. Und durch das Internet hat sich die Welt auch so stark verändert. Ich habe gerade gelesen, in Dänemark werden Briefkästen abgeschafft. Keine Briefe mehr! Briefe prägen mein ganzes Leben, Briefwechsel mit klugen Menschen oder Liebesbriefe. Das gibt's nicht mehr. Die Welt, die sich jetzt entwickelt, ist nicht mehr die, in der ich gelebt habe. Und ich glaube, das ging fast immer allen Alten so. Was sollen wir dann den Jungen noch sagen? Außer, seid mutig, zieht euer Ding durch. Habt vor nichts Angst. Außer vor Dummheit.
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