Autor Edmund de Waal: "Ich verbringe viel Zeit mit den Toten“

Autor Edmund de Waal: "Ich verbringe viel Zeit mit den Toten“
Am Freitag gibt es „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ in Wien als Gratisbuch. Der Autor über Vertreibung, Erinnerung, die Macht von Erzählungen und warum wir Migranten „alles verdanken“.

Erzählungen, sagt Edmund de Waal, haben Macht.

Welche, das zeigt sein Bestseller „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ exemplarisch: Vor elf Jahren, sagt de Waal im KURIER-Interview, hat er die Geschichte um eine – seine! – Wiener jüdische Familie im Palais Ephrussi präsentiert. Dieses Palais war bis zu Raub und Vertreibung durch die Nationalsozialisten im Besitz seiner Familie.

Nun hatte er diese Geschichte erzählt – und sagte im einstigen Familienpalais: „Ich warte nicht darauf, dass mir etwas zurückgegeben wird. Es geht nicht um Gemälde, um Gebäude, es geht darum, eine Familie hierher zurückzubringen, die vertrieben wurde. Ich restituiere meine Familie an Wien.“

Diese Familie fand später, 2019, in Wien wieder zusammen, bei der Eröffnung der Ausstellung „Die Ephrussis“ im Jüdischen Museum Wien. Mehr als 40 Nachfahren der Ephrussis kamen. „Unvergesslich“, sagt de Waal.

Autor Edmund de Waal: "Ich verbringe viel Zeit mit den Toten“

Neues Kapitel

Am Freitag (12. November) wird dieser Familiengeschichte, die schon bisher viele Leser berührt hat, in Wien ein neues Kapitel hinzugefügt. 100.000 Stück von „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ werden bei der Aktion „Eine Stadt, ein Buch“ gratis verteilt. Das ist, sagt de Waal, „ohne jeden Zweifel einer der außergewöhnlichsten Momente in meinem Leben“. Aus einer Geschichte der Vertreibung, der Flucht, der Ermordung wurde eine Annäherung.

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