Autor Alfred Kolleritsch ist tot: Manuskripte-Herausgeber und Wegbereiter
Der Herausgeber der Literaturzeitschrift manuskripte, Alfred Kolleritsch ist Medienberichten zufolge tot. Er wurde 89 Jahre alt. Kolleritsch wurde zum Steigbügelhalter vieler österreichischer Literaten und etablierte sich zugleich selbst als tief schürfender Autor.
Geboren wurde Alfred Kolleritsch 1931 im steirischen Brunnsee als Sohn eines Forstverwalters und einer Postangestellten. Nach Graz kam er 1941, wo er zunächst das Gymnasium und anschließend die Universität besuchte, um dort schließlich 1964 über die „Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit in der Philosophie Heideggers“ zu promovieren. Es folgten lange Jahre in seinem Brotberuf als Gymnasiallehrer für Philosophie und Deutsch, den er bis 1993 ausübte.
Daneben arbeitete Kolleritsch jedoch stets auch am eigenen Oeuvre, hatte doch die Bibliothek seines Großvaters einst sein Interesse an der Literatur geweckt. Erste Gedichte und Prosaversuche entstanden bereits 1948, die erste öffentliche Lesung fand 1958 in Graz statt. Und bereits 1960 wurde der damals knapp 30-Jährige zum Mitbegründer des im früheren Grazer Stadtpark-Cafe angesiedelten „Forum Stadtpark“, dessen Vorsitzender er bis 1995 war. Das Forum war konzipiert als „selbstverwalteter Ort der Begegnung“.
Gleichzeitig mit dem Forum startete auch die Literaturzeitschrift „manuskripte“, die Kolleritsch ab der zweiten Ausgabe als alleiniger Herausgeber betreute. Nicht nur trug er maßgeblich dazu bei, Graz zu einem Literaturzentrum zu machen. Er diente vielen späteren Autorenstars als Sprungbrett. In der Literaturzeitschrift publizierten zunächst die Autoren der Wiener Gruppe wie H.C. Artmann und Konrad Bayer. Ab der fünften Nummer kamen dann Autoren wie Wolfgang Bauer und Barbara Frischmuth hinzu.
Anzeigen, Proteste und Popularität
Populär wurde die Zeitschrift nicht zuletzt dank Anzeigen wegen Pornografie, gab es doch Proteste gegen den Abdruck von Oswald Wieners Roman „Die Verbesserung von Mitteleuropa“. Aber auch Schriftsteller wie Peter Handke, Elfriede Jelinek, Gerhard Roth oder Josef Winkler stellten ihre Texte in den „manuskripten“ vor. Vaclav Havel hatte in dem Format seine erste Veröffentlichung außerhalb der Tschechoslowakei. Und in jüngster Zeit zählen Autoren wie Valerie Fritsch oder Clemens Setz zu den Entdeckungen der Publikation.
Der Doyen des heimischen Literaturbetriebs sah die aktuellen Tendenzen dabei durchaus kritisch, wie er zuletzt im APA-Interview unterstrich: „Leider muss man sagen, das Hauptthema ist immer das persönliche Umfeld. Man ist dann ganz erlöst, wenn einmal eine Prosa kommt, die sich von den Schwierigkeiten beim Aufstehen am Morgen loslöst und weitergeht: fantasievoller und poetischer wird.“ In jedem Falle blieben die „manuskripte“ nicht Kolleritschs einziges Engagement im Literaturbereich, gründete er doch 1973 gemeinsam mit Schriftstellern wie Friederike Mayröcker, Ernst Jandl und Gustav Ernst die Grazer Autorenversammlung.
Ein Jahr zuvor (1972) war sein erstes Prosawerk „Die Pfirsichtöter“ erschienen. In dem Roman wird ein Herrschaftssystem beschrieben, das auf der Macht seiner Zeichen beruht. Seither hat er sich immer wieder in seinen weiteren Werken gegen die Einengung und Erstarrung des Lebens sowie gegen Totalitarismus und Faschismus gewendet. Es folgten u.a. „Die grüne Seite“ (1974) - eine drei Generationen umspannende Geschichte der Erziehung der Söhne durch die Väter - und „Allemann“ (1989).
Das einzige Theaterstück des Autors, „Die geretteten Köche“, erschien 2001 und wurde im Rahmen des „steirischen herbst“ uraufgeführt. Und schließlich hat Kolleritsch seit 1972 eine Vielzahl von Lyrikbänden veröffentlicht. Sein erster Band „Erinnerter Zorn“, erschien im Privatdruck in einer Auflage von 900 signierten Exemplaren, zuletzt kam „Es gibt den ungeheuren Anderen“ 2013 im Droschl-Verlag heraus. 2008 verlegte der Salzburger Jung und Jung Verlag unter dem Titel „Schönheit ist Bürgerpflicht“ die Korrespondenz des Grazer Literaten mit Peter Handke.
2011 setzte ihm der Hommageband „Das schönste Fremde ist bei dir“ zum 80. Geburtstag ein Denkmal zu Lebzeiten, wobei es nicht nur bei diesen literarischen Ehren blieb. Neben dem Petrarca-Preis (1978), dem „manuskripte“-Preis des Landes Steiermark (1981) und dem Georg Trakl-Preis (1987) wurde Alfred Kolleritsch mit dem Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik (1994) und dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (1997) geehrt. Seit 1997 war der Literat Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Im Jahr 2006 erhielt er den Horst-Bienek Preis für Lyrik und das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark mit dem Stern. 2009 wurde ihm der Grazer Literaturpreis (Franz-Nabl-Preis) und 2013 mit dem Ehrenring die höchste Auszeichnung des Landes Steiermark zuerkannt.
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