Blumenkunst und Siams Hofmaler
Es gibt kaum etwas Romantischeres, als dem Beziehungsgegenüber abgeschnittene Geschlechtsorgane zu schenken.
Zumindest, wenn es sich dabei um Blumen handelt.
Natur ist an und für sich schon künstlich: Die vom Menschen unberührte Natur gibt es kaum noch, betonte Veit Ziegelmaier (gemeinsam mit Toni Stooss und Tina Teufel im Kuratorenteam der Schau) im KURIER-Gespräch. Dafür einen Boom bei der Darstellung von Blumen und Pilzen, der nur wenig mit den gewissenhaft naturgetreuen Stillleben von einst zu tun hat. So kombiniert Carsten Höller in großen Skulpturen unterschiedliche Pilzhälften zu unmöglichen Gebilden, die in die Ausstellung überführen.
Vergänglichkeit
Hinter der folgenden Buntheit lauern allerlei Abgründe. David LaChapelle führt verwesende Blumen und Plastik-Konsumprodukte zu Todesstillleben zusammen. Zeger Reyers und Lee Ranaldo lässt einen Plattenspieler nach und nach von Pilzen überwuchern, und bremst damit die Endlosschleifen-Musik nach und nach ordentlich aus. Und Peter Fischli/David Weiss begeben sich in doppelt belichteten Fotografien in die Moderstimmung Waldesgrundniveau.
In überaus intimen Selbstporträts verbindet Chen Lingyang den Menstruationszyklus mit Blütensymbolik, wie überhaupt der optische und thematische Konnex zum menschlichen Körper ein wichtiges Thema in der Schau ist. Nicht zuletzt auch der sich auf Natur richtende Kontrollzwang wird unterwandert: Gitte Schäfer hat eine überdimensionale Blumenwand aufgebaut, mit allerlei kitschigen Blumentöpfen und ihrem verwelkenden Inhalt.
Morde
Scheibl, 1952 in Gmunden geboren, konfrontiert den Menschen damit, der Natur ausgeliefert zu sein: Natur ist nicht kontrollierbar, worauf Scheibl mit Begriffspaaren wie Attraktion und Aggression, Chaos und Ordnung verweist.
Die Galerie Altnöder wiederum präsentiert einen Mülltonnenfund: Josef Karl Rädler (1844–1917), der selbst ernannte „Hofmaler von Österreich, Italien und Siam“.
Der ehemalige Besitzer einer Firma für Porzellanmalerei wurde von seiner Familie wegen „ruinöser Geschäfte“ und anderer fragwürdiger Vorwürfe in ein „Irrenhaus“ (so hieß das damals noch) weggesperrt. Dort malte er dann in Folge an die 800 bis 900 Blätter mit schönen Titeln wie „Je älter desto dümmer“ und „Die Menschen werden gebildeter“, die in einer Mülltonne der Anstalt entdeckt.
Picasso-Geschirr
Und die Galerie Welz bietet Keramiken und Grafiken von Pablo Picasso: Der Starkünstler entdeckte in den 1940er- Jahren die Keramik für sich und widmete sich dieser Form mit ebenso großem Eifer wie der Malerei. Mit ähnlichen Thematiken: Stierkampf, Krieg und Formerkundungen.
Museum der Moderne:
„Flowers & Mushrooms“ und „Hubert Scheibl – Plants & Murders“, bis 20. 10. am Mönchsberg. Info und Tickets unter www.mdmsalzburg.at
Thaddäus Ropac:
Die Galerie feiert mit der Ausstellung „30 Jahre“ an den beiden Standorten Villa Kast und Halle ein halbrundes Jubiläum. Zu sehen sind Arbeiten u. a. von Warhol, Baselitz, Beuys, Gilbert & George. Info unter www.ropac.at
Galerie Altnöder:
Blätter von Josef Karl Rädler (bis 14. September) www.galerie-altnoeder.com
Galerie Welz:
Pablo Picasso, Keramiken und Graphik. Gezeigt werden Radierungen, Lithografien, Aquatinten, Linolschnitte und Keramiken (bis 1. September). www.galerie-welz.at
Kommentare