Seinerzeit „Tabuthemen“, so die Kuratorin Magdalena Vuković. Jedenfalls „ein Spiel aus kalkuliertem Schock und Tanzkunst“. Die Ausstellung im Photoinstitut Bonartes zeigt die Provokation, professionell inszeniert mit Berber-Fotos der Wiener Porträtfotografin Dora Kallmus (1881–1963), die sich „Madame d’Ora“ nannte.
Skandalumwittert
Neben Gedichten Berbers wie „Astarte“ („Sie trägt den Mantel der göttlichen Laster / Sie hat den Kopfschmuck der göttlichen Lust / Sie trägt den grünen Smaragd der Qual / Sie peitscht / Sie nimmt / Sie schreit / Sie tanzt“), dem Fragment eines verloren gegangenen Tanzfilms und Aktfotografien sind einige der rund 300 Zeitungsartikel affichiert, die in Wien über den Bürgerschreck par excellence in kürzester Zeit erschienen sind.
Wobei medial die Skandalisierung im Vordergrund stand, während es der Berber angeblich nur um den künstlerischen Ausdruck und nie um Erotik oder gar Verführung ging: „Ich bin keine Nackttänzerin. Und doch schildert man mich überall als Nackttänzerin.“ Aber sie war mit einer Art parfümiertem Sex geladen, typisch für die morbiden, übersteigerten 1920er-Jahre. Da konnten Entrüstung und Empörung nicht ausbleiben.
Die Kulturverteidiger machten „aus einem Tratschfloh einen Ereigniselefanten“, schrieb der Kaffeehausliterat Anton Kuh. Als Frau trug sie Herrenhosen, eine Mode, die bald „à la Berber“ hieß und nicht nur von Marlene Dietrich übernommen wurde. Und als alle an der Exzentrikerin verdient hatten, wurde sie in Wien des Landes verwiesen.
„Eine düstere Maske“
„Nachkriegserotik, Kokain, Salomé, letzte Perversität: Solche Begriffe bildeten den Strahlenkranz ihrer Glorie. Nebenbei wussten die Kenner, dass sie eine ausgezeichnete Tänzerin war“, schrieb Klaus Mann 1930 nach dem Tod der 29-Jährigen an Tuberkulose in Die Bühne. Er hatte sie als knapp 18-Jähriger kennengelernt und war von ihrem geschminkten Gesicht erschüttert: „Eine düstere und böse Maske. Der stark geschwungene Mund, den man sah, war keineswegs ihrer, vielmehr ein blutiges Machwerk aus dem Schminktöpfchen. Die kalkigen Wangen hatten violetten Schimmer. An den Augen musste sie täglich eine Stunde mindestens arbeiten.“
Bis 17. 11., 1., Seilerstätte 22 Besuch nach Voranmeldung (0)1/236 02 93-40 oder via mail: info@bonartes.org www.bonartes.org
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