Ausstellung im Theatermuseum: Spitzentanz ohne Schattenseiten

Spiegelwände und Stangen: „Die Spitze tanzt“ im Theatermuseum
Kein Blut ist im Schuh: Das Theatermuseum verweigert in "Die Spitze tanzt" einen nüchternen Blick auf den Ballettsaal.

Rund um den 10. April, nachdem schwere Vorwürfe von Machtmissbrauch, Drill und Demütigungen in der Wiener Ballettakademie bekannt geworden waren, bedauerte Staatsoperndirektor Dominique Meyer vor allem sich selbst. Denn die Angelegenheit würde, sagte er, einen dunklen Schatten auf seine Amtszeit werfen. Aber er versprach zumindest lückenlose Aufklärung, und im Auftrag des damaligen Kulturministers Gernot Blümel richtete Christian Kircher, der Chef der Bundestheater-Holding, eine Sonderkommission ein. Unter dem Vorsitz von Brigitte Bierlein, wenige Wochen später zu Höherem berufen, nahm sie bereits am 18. April ihre Arbeit auf.

Seither herrscht Stille. Was durchaus in Ordnung geht. Denn die Kommission, seit 5. Juni unter der Leitung von Susanne Reindl-Krauskopf, hatte gleich zu Beginn einen Zwischenbericht erst für Juli angekündigt. Und der dauert noch zwei Wochen.

Keinen dunklen Schatten auf die Amtszeit von Meyer jedenfalls wirft die Schau „Die Spitze tanzt“ über 150 Jahre Ballett an der Staatsoper im Theatermuseum (bis 13.1.). Als Gegenstück oder Ergänzung zu „Alles tanzt“ über die Wiener Tanzmoderne mit Rosalia Chladek als Schwerpunkt (bis 10.2.) erzählt sie die Geschichte des Ballett-Ensembles streng chronologisch von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart.

Andrea Amort, Kuratorin beider Ausstellungen, hat für die Hardcore-Fans von Rudolf Nurejew, Vladimir Malakov und anderen Tänzern erstaunlich viel Material zusammengetragen: Zeichnungen, Kostüme, Videos, Porträts, Fotos sonder Zahl.

Anfang und Ende der Ausstellung fasst Amort in einer Vitrine zusammen: Unmittelbar nebeneinander liegen die zartrosa, silbrig glänzenden Ballettschuhe von Fanny Eißler aus den 1830er-Jahren und von Olga Esina aus 2019. Die technologische Entwicklung war bei Skischuhen etwas größer, stellt der Laie unbeeindruckt fest.

Und obwohl Amort eigentlich nur die „Highlights“ präsentiert, erinnert sie doch auch an jene, die als Opfer des NS-Regimes verfolgt oder ermordet wurden. Die Schattenseiten des Spitzentanzes hingegen werden völlig ausgeklammert. Daher ist auch klein Blut im Schuh zu sehen. „Blutige Füße“, meint Amort, „bekommt man schnell einmal“. Mag sein. Allerdings erinnert Ausstellungsgestalter Thomas Hamann mit Spiegelwänden (die verwirren) und Stangen (die unsauber montiert sind) ganz bewusst an den Ballettsaal. Und so gibt es, höflich formuliert, eine ungeheure Diskrepanz zwischen dem Setting und den vermittelten Hochglanz-Inhalten. Der Staatsoperndirektor darf zufrieden sein. thomas.trenkler

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