Ausschreibung: Burg sucht Chefität

Die Sessel, die die Welt bedeuten: Wer holt neues, junges Publikum ins Burgtheater? 
Die Anforderungen an die Burgtheaterleitung ab 2024

Der Saisonstart an den Bühnen ist von einer beunruhigenden Beobachtung geprägt: Viel mehr Sitze als sonst bleiben leer, die Auslastungen sinken merklich – gefühlt, Zahlen kommen erst. Ein Stück aber kann sich immer regen Publikumsinteresses erfreuen: Die Suche nach einem neuen Direktor oder einer neuen Direktorin für das Burgtheater. Und hier hat der erste Akt begonnen: Der Posten, den derzeit Martin Kušej innehat, ist ausgeschrieben. Gesucht wird die neue Leitung ab September 2024, wenn Kušejs Vertrag geendet hat. Das ist noch keine dramatische Wendung: Die Ausschreibung ist gesetzlich vorgeschrieben.

Doch wenn es rund um die Burg (die Abkürzung mag der Direktor gar nicht!) geht, widmet sich das Land gerne und mit Verve der Debatte darum, wie es am wichtigsten Theater der Welt, wenn nicht gar des deutschsprachigen Raumes, weitergehen soll. Wird der Vertrag von Kušej – der sich wieder bewerben will – verlängert? Oder kommt eine Neubesetzung?

Ausschreibung: Burg sucht Chefität

Direktor Martin Kušej  will sich für eine Verlängerung bewerben: Er sei noch nicht fertig mit dem Theater.

Agil und integrativ

Kritik am Burgtheaterchef ist jedenfalls selbst in Zeiten der Wirtschaftskrise in Österreich nie eine Mangelware. Wenn die Neubesetzung der kulturpolitische Plan ist, dann bietet die Ausschreibung Punkte, mit denen diese sich begründen ließe. Verlangt werden etwa „agile Organisationsstrukturen sowie innovative Arbeitskulturen und Produktionsweisen“, „integrative Führung“ sowie eine „teamorientierte Persönlichkeit“.

Man will, dass Nachhaltigkeit, Fairness oder Compliance künftig „eine noch wichtigere Rolle spielen“. Und, wie immer und überall, sollen neue Publikumsschichten erschlossen werden. Diese Standardgefäße jeder Kulturausschreibung sind form- und konturlos genug, um mit allem befüllt zu werden: Es passt – mit ein bisschen Knirschen – das, was Kušej bisher geleistet hat, oder auch das, was eine neue Leitung – womöglich weiblich – verspricht. Kušej selbst ist – für sich – „noch längst nicht fertig“ mit dem Burgtheater, aber in der Pandemie Kritikern zu passiv gewesen.

Nach einer Amtszeit gehen zu müssen, wäre ein Affront. Aber vielleicht naht eine österreichische Lösung: Die nächste Leitung soll „bis zu fünf Jahre“ im Amt sein – eventuell darf Kušej also noch eine halbe Runde drehen, aber keine ganze.

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