Atemlos durch die Fuge: Das Staatsballett tanzt modern

Atemlos durch die Fuge: Das Staatsballett tanzt modern
„Kontrapunkte“: Ein gelungener Abend mit Keersmaker, Cunningham und van Hanen in der Wiener Volksoper

Von Silvia Kargl

Erstmals tanzt das Wiener Staatsballett Choreografien von Anne Teresa De Keersmaeker und Merce Cunningham, auch Hans van Manens „Four Schumann Pieces“ hatte am Samstag in der Volksoper Premiere.

„Kontrapunkte“ ist ein rundum gelungener Ballettabend, der in drei Stücken nicht zuletzt auch die Bandbreite an Tanzstilen des Wiener Staatsballetts eindrucksvoll beweist.

De Keersmaekers „Große Fuge“ entstand vor zwanzig Jahren. Zu Ludwig van Beethovens gleichnamigem Meisterwerk rasen eine Tänzerin (ausgezeichnet: Fiona McGee) und sieben Tänzer im Einklang mit der Musik über die Bühne. Die Tänzerin ist in dieser dynamischen Auseinandersetzung mit der Schwerkraft choreografisch wie auch im schwarz-weißen Anzug ihren männlichen Kollegen völlig gleichgestellt.

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Barfußtanz

Das trifft tanztechnisch auch auf Merce Cunninghams „Duets“ aus dem Jahr 1980 zu, doch sind hier formal klassische, wenn auch barfuß getanzte Pas de deux zu sehen. Sechs Paare in bunten Ganzkörpertrikots im Stil der Eighties zeigen, wofür der 2009 verstorbene Cunningham steht: Purer Tanz, extreme Körperbeherrschung, strenge Konstruktion mit Möglichkeiten zu Varianten, Ausrichtung der Körper im Raum, Zusammenwirken mit Kostümen und vor allem mit der Musik.

Wie in vielen seiner Stücke stammt sie von John Cage. „Improvisation III“ wird in der Volksoper mit Live-Elektronik von Béla und Michael Fischer dargeboten.

Zu überraschen vermag ausgerechnet die älteste Choreografie, Hans van Manens 1975 uraufgeführte „Four Schumann Pieces“ zu Robert Schumanns Streichquartett A-Dur op. 41 Nr. 3.

Mit viel Nähe zum neoklassischen Ballett und starken, zeitgenössischen Akzenten stellt van Manen einen Solotänzer (hervorragend: Davide Dato) in den Mittelpunkt. Zwar erzählt van Manen, der wenige Wochen vor seinem 90. Geburtstag in Wien mit großem Applaus bedacht wurde, keine Handlung. Und doch vermag er allein im Tanz viele Geschichten zu zeigen.

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Aus der Welt zur Kunst

Vielleicht träumt der Solist von Szenen aus der Vergangenheit, in der fünf Paare präsent sind. Wahrscheinlicher scheint, dass es hier um einen schaffenden Künstler geht, der aus seiner Einsamkeit heraus in die Welt und zur Kunst findet. Wie schon in der „Großen Fuge“ überzeugt dazu das von Konzertmeisterin Bettina Gradinger geführte Streichquartett mit Mitgliedern des Orchesters der Wiener Volksoper.

Weitere Vorstellungen: 9. 6.; 14. 6.; 21. 6.; 24. 6.; 28. 6. www.volksoper.at

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