Adolf Krischanitz: "Spezialisiert auf Sch...-Aufträge"

Das 20er Haus von Karl Schwanzer, von Krischanitz umgebaut und adaptiert, jetzt 21er Haus
Gespräch mit Adolf Krischanitz, der demnächst seinen 70er feiert, über Kulturbauten und Städtebausünden.

Nichts hält hierzulande so lange wie ein Provisorium. Und Adolf Krischanitz, der in wenigen Tagen seinen 70. Geburtstag feiert, ist nicht nur, aber auch ein Architekt der langlebigen Provisorien.

Stichwort: Kunsthalle am Karlsplatz. Oder die 2008 errichtete temporäre Kunsthalle in Berlin, die jetzt nach Warschau übersiedelt.

Auch das 21er Haus, 1958 als Österreich-Pavillon zur Expo 58 in Brüssel errichtet und bis 2001 in Wien als Museum des 20. Jahrhunderts – Spitzname: "20er Haus" – genutzt, war für kein so langes Leben entworfen.

"Aber es wurde Gott sei Dank seinerzeit von Brüssel in den Schweizergarten transferiert. Und das war ein Gewinn. Denn in dem Haus war erstmals zeitgenössische österreichische Kunst ausgestellt", sagt Krischanitz.

Nach der Schließung 2001 vergammelte das Juwel der Moderne und wurde nach Umbau und Adaptierung durch Krischanitz erst im November 2011 als 21er Haus wiedereröffnet.

Herausforderung

"Die größte Schwierigkeit war, wie man so ein denkmalgeschütztes Haus, ohne das Haus selber zu zerstören, auf den neuesten Stand bringt."

Dass die Besucherfrequenz in dieser Dependance des Belvedere in der Nachbarschaft zu Arsenal und Hauptbahnhof noch gering ist, kontert der Architekt pragmatisch: "Das ganze Gebiet hier ist ja noch nicht bebaut. Bis ein Stadtviertel wächst, das dauert mindestens 20 Jahre. Da hat man wenig Geduld. Aber wenn das Viertel einmal funktionieren wird, dann ist auch das 21er Haus mitten in der Stadt."

Der Campus der Wirtschaftsuni (WU) zwischen Messe und Prater ist für Krischanitz "ein bisschen eigenartig, weil zeitgenössische Architektur auf einem sehr modischen Niveau."

Er ist "wenig begeistert von den Details, und wie schlampig das alles gemacht ist. Das ist nicht unproblematisch. Ich bin nur ein bisschen skeptisch, wenn so eine Architektengruppe sogenannte utopische Entwürfe macht, die in Wirklichkeit gar nicht so utopisch sind, wie sie auf den ersten Blick aussehen. Und ich bezweifle, dass das städtebaulich an diesem Ort die richtige Antwort ist. Wie die Kisten dort zueinander stehen, schaut aus wie bestellt und nicht abgeholt."

Architektur-Autismus

Ein Irrtum sei, dass die Wiener immer glauben, durch die Qualität des Einzelbaus werde der Städtebau obsolet.

"Wünschenswert wäre eine städtebauliche Achse, wo bestimmte Dinge eine gewisse Hierarchie und Maßstäblichkeit und eine gewisse Kommunikation unter den Gebäuden aufweisen. Das ist in Wien das Hauptproblem: Dass es eigentlich keinen Städtebau gibt. "

Das sei auch eine Mentalitätsfrage der österreichischen Architekten, "die alle lieber Einzelgebäude bauen, wo dann jedes das andere sozusagen überholt. Man glaubt, das sei schon Städtebau. Aber Städtebau ist ein Miteinander, vielleicht auch ein Zurücknehmen von Dingen, weil das anderes besser zur Geltung bringt."

Wo funktioniert derlei besser? "Es ist an sich weltweit die Tendenz, Drop-Cities zu schaffen, wo jedes Gebäude eine totale Explosion ist. Und was daneben passiert, ist egal", so Krischanitz. "Aber in Zürich und Basel nimmt man die städtebaulichen Anliegen schon ernster und genauer als anderswo."

Er baue "immer gern für die Kultur", so Krischanitz. "Das sind alles sogenannte Scheiß-Aufträge, die – weil ohne ordentliches Budget – vollkommen hoffnungslos anfangen. Darauf habe ich mich spezialisiert, weil ich weiß: So hoffnungslos kann kein Auftrag sein, dass er nicht vielleicht doch etwas wird, wenn man es richtig macht."

Ein Experimentierfeld für ihn und ein Kuriosum war die zuerst umstrittene, dann ungeliebte und schließlich stark frequentierte Kunsthalle am Karlsplatz, die ursprünglich nur ein Jahr als Zwischenstation stehen sollte, aber zum Kunst-Fixpunkt wurde, bis "zur FP-Forderung, dass das wieder wegkommen soll".

Die Container-Lösung wurde dann ersetzt durch einen niederen Bau. "Denn Hans Haider kritisierte in der Presse, die Kunsthalle verdecke die Karlskirche. Und von Friedrich Achleitner kam das wunderbare Bonmot: In Wien verdeckt jedes Gebäude die Karlskirche, wenn man dahintersteht. "

Das politische Klima wird für Architekten noch unfreundlicher, befürchtet Krischanitz: "In unsicheren Zeiten wie heute steigt die Kleinbürgerlichkeit und damit die Angst vor Veränderung. Und da gehört auch dazu, dass die Intoleranz zunimmt."krischanitz.at

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