Annie Proulx: Abenteuer mit Axt und Doppelaxt

Annie Proulx
Drei Jahrhunderte nordamerikanische Geschichte, in denen "herumgehackt" wird.

14 Jahre gab es keinen neuen Roman von Annie Proulx, deren Kurzgeschichte "Brokeback Mountain" über die Liebe zweier Cowboys Filmgeschichte schrieb.

Sie hat in dieser Zeit lieber Weißkopfadler beobachtet und in ihren Memoiren ("Ein Haus in der Wildnis") davon erzählt: Sie fliegen in einen Orkan, das Weibchen stürzt ab, tot, schon Stunden später schwingt sich das Männchen mit einer neuen Partnerin in die Höh’.

Vogel.

Es überrascht nicht, dass Annie Proulx die Hauptrolle in "Aus hartem Holz" mit viel Natur besetzt hat.

Vor allem mit Wald.

Kiefer und Ahorn.

Keine Buchseite – "holzfreies" Papier wird leider auch aus Holz gemacht ... keine der fast 900 Seiten vergeht, ohne dass ein Baum gefällt und entastet und entrindet wird, er ächzt, er stirbt, Baumstämme rollen in Flüssen, werden in Schiffe verwandelt, werden auf Schiffen nach Europa gebracht ...

Meist ist es nordamerikanischer, kanadischer Wald, dessen Zerstörung abläuft.

Vom Jahr 1693 in Neufrankreich bis 2013, wenn jemand angesichts von Millionen Baumstümpfen (und Kukuruz rundherum) laut über "Aufforstung" nachdenkt.

Bis zum Platzen

Aber mit dem Zusatz: Naja, das ist ein Wort, das Amerikaner, die sich immer nahmen, was sie wollten, nicht so gern hören.

Annie Proulx kümmert sich nicht ums Weltgeschehen. 300 Jahre wird "herumgehackt". Das beginnt mit zwei Franzosen: Holzfäller und Pelzhändler. Ihnen und ihren Nachkommen folgen wir gern, bis uns die Augen zufallen.

Anfangs war die Natur übermächtig. Außerdem sorgten Irokesen dafür, dass Zugereiste nicht übermütig wurden – einem Engländer wurden die Körperöffnungen zugenäht. Er platzte. (Dieser Szene folgt bald, wie Weiße einen Wigwam des Mi’kmaq-Volkes samt Frau und Kindern anzünden.)

Mit jeder neuen Generation kommt effizientere Zerstörung. Aus Axt wird Doppelaxt, aus Säge wird Kreissäge wird Doppelkreissäge.

Die Botschaft, Ausrottung ist nicht der richtige Weg, wird von der 81-jährigen amerikanischen Schriftstellerin über alles gestellt.

Sie kommt an. Sie kommt nicht hundertprozentig gut an mit einem Riesenroman, der mehr sein will. Die Geschichte mit den Adlern seinerzeit, die war auch deutlich und tief und brauchte nur eine einzige Seite.

Annie Proulx:
„Aus hartem Holz“
Übersetzt von Melanie Walz.
Luchterhand Verlag.
896 Seiten.
26,80 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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