"Ich war ein Kontrollfreak"

Julia Stone schreibt heute gemeinsam mit ihrem Bruder Angus Songs – früher „undenkbar“
Angus & Julia Stone: Das Erfolgsduo über Geschwister-Rivalität und die Angst, loszulassen.

Wir hatten einander einfach satt!" Julia Stone muss lachen. Zwei Minuten lang hatte sie im KURIER-Interview versucht, mildere Worte für den Grund zu finden, warum sie und ihr Bruder Angus sich nach dem zweiten gemeinsamen Album getrennt haben. Doch dann platzt die Australierin doch mit der Wahrheit über das gefeierte Singer/Songwriter-Duo Angus & Julia Stone heraus.

"Eigentlich wollten wir nie zusammen sein, wollten immer unsere eigenen Karrieren haben. Das hat sich nur so ergeben, weil wir mit dem Musizieren im Familienkreis angefangen haben. Nur weil wir das Live-Spielen so geliebt haben – und auch recht faul sind –, sind wir sieben Jahre dabei geblieben."

Umso erstaunlicher, dass sich die beiden für das nun erschienene Album "Angus & Julia Stone" wieder zusammengefunden haben. Schon als Kinder traten sie der vom Vater geleiteten Schulband bei. 2006 nahmen sie die erste EP auf und starteten 2009 mit "Paper Aeroplane" auch hierzulande durch, nachdem ein österreichischer Telefon-Anbieter den perkussiven Song als Soundtrack für eine Werbung verwendet hatte. Doch nach dem mit mehrfach Platin ausgezeichneten zweiten Album sollte ein für alle Mal Schluss sein.

Bis Produzent Rick Rubin Julia kontaktierte. "Ich sagte ihm, dass wir nicht mehr zusammen sind", erzählt sie. "Ich hatte ja tatsächlich mehrere Jahre nichts von Angus gehört. Wir haben uns nur ein Mal zufällig in Paris getroffen. Ich war für ein Konzert dort, ging vorher mit der Band in mein Lieblingsrestaurant. Da spazierte Angus rein, der davor dort in einer TV-Show aufgetreten war. Das war wie ein verrücktes Zeichen, ich hatte keine Ahnung, dass er in der Stadt war."

Doch richtig überzeugt von dem Reunion-Angebot von Rick Rubin waren die beiden erst, als sie mit ihren Solo-Projekten auf demselben Folk-Festival auftraten und ein Lied zusammen sangen. "Das war magisch. Wir hatten beide das Gefühl, neben einem anderen Menschen zu stehen. So beruhigend es auf Tour auch war, dass Angus mich so gut kennt und wortlos versteht – früher haben wir dieses Wissen um die Schwächen des anderen benützt, um ihn zu ärgern, wenn die Party verrückt oder wir sehr müde waren. Diese Geschwister-Rivalitäten haben wir jetzt ganz abgelegt."

Julia gibt zu, dass speziell sie umgänglicher geworden ist, weil "ich aus dem Solo-Projekt viel Selbstvertrauen gezogen habe". Das hat es den beiden jetzt ermöglicht, für "Angus & Julia Stone" – früher undenkbar – auch gemeinsam Songs zu schreiben. Das Resultat sind 13 wunderschöne, ruhige Pop-Perlen. Wobei aber nach wie vor Julia mit ihrer an Björk und Janis Joplin erinnernden hohen Stimme die sehnsuchtsvollen, gequälten Liebeslieder singt, und Angus die rockigeren, an Neil Young erinnernden Tracks.

"Ich war früher ein Kontrollfreak, was meine Songs anging", erklärt Julia. "Angus durfte mir nichts dreinreden, weil ich große Angst hatte, meine Identität zu verlieren. Diesmal habe ich tatsächlich zugehört, wenn er Verbesserungsvorschläge machte. Ich habe sie ausprobiert und festgestellt, dass es mit seinem Talent als Komponist viel besser für die Musik ist, diese Angst loszulassen und offen für seinen Input zu sein."

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