Poetisch und subkutan politisch

Poetisch und subkutan politisch
Andreas Vitásek präsentiert ein Programm wie eine sanfte Tai-Chi-Übung. Und sein bestes seit langem.

Paradox: Sein 12. Solo heißt „ Sekundenschlaf“, und Andreas Vitásek selber wirkt ausgeschlafen, souverän und hellwach. Er, der angeblich eine ganze Dekade als Barhocker am Barhocker des „Cafe Europa“ verbracht hat, um nach dem Aufwachen festzustellen: „Ich glaub’, es war leiwand. Aber ich kann mich an nichts erinnern.“

In hauchzarter Überzeichnung skizzierte der Kabarettist bei der Premiere am Dienstag im Rabenhof – just am 85. Geburtstag von Helmut Qualtinger – präzise unseren Alltagswahnsinn.

An und jenseits der Grenze zur Chuzpe kondensiert er das Absonderliche aus dem scheinbar Normalen, das Abstruse aus der permanenten Überforderung des Menschen im Heute und Jetzt. Destilliert das Tragikomische aus den Zumutungen, die manche Leben nennen.

Der 57-Jährige ist dabei ganz Old School: Kein aufs Tempo drückender Wuchtel-Drucker, sondern ein verspielter Erzähler mit dem richtigen Gefühl fürs Timing. Trockenhumorig, selbstironisch, spitzbübisch, eloquent und natürlich witzig.

Brüllend komisch

Geschichten und Anekdoten vom Schutzengerl bis zum Mops, Erlebtes und Erdachtes von der „Bank meines Vertrauens“ – Nachsatz: „Das war eigentlich schon die Pointe“ – bis zu Sisyphus, den man sich als glücklichen Menschen vorstellen müsse: Sie sind satirisch und bissig, poetisch und sentimental.

Vor allem brüllend komisch und immer richtig ausbalanciert. Manchmal gespickt mit politik-, wirtschafts- und gesellschaftskritischen Seitenhieben, mitunter frei fliegend, abgehoben.

Am Ende schließt sich der Kreis. Was mit „Time Is On My Side“ der Rolling Stones in einer Kinderversion zur Einstimmung begann, führt über einen etwas anderen Blick auf Haustiere („die stummen Zeugen unseres Altwerdens“) ins eigene Haus im Südburgenland. Wo der Hedonist in sich ruht, weiß und suggeriert: Mich kann nichts erschüttern. Nicht der Packerldienst der heimischen Post, nicht die flächendeckend Service-freie Zone des „Saturn“, nicht der Verlust mit Immofinanz- und Libro-Aktien.

Auch wenn das vom Kultneurotiker Woody Allen vermittelte Männerbild nervt. Denn: „Ob du ihn verwendest oder nicht: Die Zeit des Schwanzes geht vorüber.“

Ein Programm wie eine sanfte Tai-Chi-Übung. Und Vitáseks bestes seit langem!

KURIER-Wertung:

Kommentare