Albertina zeigt "erlesene Kollektion"

Albertina zeigt "erlesene Kollektion"
Mit der erstmals öffentlich gezeigten "Sammlung Werner" ist eine berührende Entstehungs­geschichte verknüpft. Mit Bildern zur Ausstellung

Eine "absolute Überraschung", wie sie einem nur ganz selten im Leben passiert, war für Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder die Entdeckung der "Sammlung Werner".
Alles begann mit einem Telefonanruf im Jahr 2008. Eine Frau erzählte von Kunstwerken, die sie von ihrer 86-jährig verstorbenen Mutter geerbt habe.

"In neun von zehn Fällen bei solchen Anrufen sind die Objekte nicht wirklich bedeutend", sagt Schröder aus Erfahrung. "Aber diesmal war es anders. Ich bin hingefahren und fast in Ohnmacht gefallen." Was da 50 Jahre im Verborgenen privater Neugierde und Kunstbegeisterung einer Dame schlummerte, entpuppte sich in vielerlei Hinsicht als außergewöhnlich.

Expressionismus

Vor allem die hervorragende Qualität und Bedeutung der Werke der Brücke-Künstler Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Müller, Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff "ergänzen vertiefend unsere eigenen Bestände zum deutschen Expressionismus und schließen da einige Lücken", so Schröder.
Die Albertina zeigt in der Ausstellung "Kirchner Heckel Nolde. Die Sammlung Werner" (bis 26. 8.) in ihrer Pfeilerhalle rund 75 Werke, die Irmtraut Werner (1922-2008) als Sekretärin des bedeutenden Düsseldorfer Kunsthändlers Wilhelm Grosshennig nach 1945 zusammengetragen hat. Grosshennig betrieb mit seiner Galerie den künstlerischen "Wiederaufbau" deutscher Museen nach der na­tionalsozialistischen Verfemung moderner Kunst. Der Galerist prägte schließlich durch sein Vorbild und seine Kontakte zu den einst als entartet geltenden Künstlern und deren Erben den Kunstgeschmack seiner Mitarbeiterin – und indirekt damit auch deren Sammlung.

"Man kann in der Ausstellung deutlich sehen, dass zwischen Heckel, Kirchner, Nolde, Müller, dem in der Ausstellung ein eigener Raum gewidmet ist, Marc, Schmidt-Rottluff und August Macke eine große Verwandtschaft besteht, dass sie aber auch alle eine sehr eigene Handschrift haben", sagt Marietta Mautner Markhof.
Als Dank für ihr Engagement und als Unterstützung der ab 1959 alleinerziehenden Mutter eines kleinen Mädchens gedacht, gab es von Grosshennig immer wieder Kunstgeschenke. Sie bildeten die Grundlage der Sammlung Werner. „Statt echter Blumen gab es zu Geburts- und Feiertagen und zu Weihnachten oft Kunstblumen“, so die Kuratorin. Was die vielen exquisiten Blumenstillleben von Paul Klee, Lovis Corinth, Oskar Kokoschka, Christian Rohlfs und Alexej von Jawlensky in der Sammlung erklärt.
Aber auch nach 1965, als Imtraut Werner die Galerie verließ, den Geigenvirtuosen Ricardo Odnopossoff heiratete und nach Wien zog, investierte sie ihre Ersparnisse in Kunst, u. a. in Arbeiten von Kokoschka, Picasso, Matisse oder Nicolas de Stael.
Der Aufbau der beachtenswerten Brücke-Sammlung und der eigene Erwerb repräsentativer Werke von Kirchner, Heckel oder Müller sind jedenfalls eine außerordentliche Leistung im Zusammenhang mit der Biografie einer zunächst mittellosen Sekretärin.
46 Objekte der Sammlung Werner befinden sich seit 2009 als Dauerleihgabe in der Albertina. Schröder: "Ich bin dankbar dafür, dass diese feine, erlesene Kollektion jetzt bei uns ist. Sie ist ein unglaubliches Zeitdokument, wie es woanders nicht hätte zustande kommen können."

 

Schwerpunkt: Expressionismus

Ausstellung
"Kirchner Heckel Nolde – Die Sammlung Werner" zeigt rund 75 Werke des deutschen Expressionismus. Neben Werkgruppen zu Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde sind u. a. auch Arbeiten aus der Künstlergruppe „Der blaue Reiter“ wie Franz Marc, von Kokoschka, Picasso, Matisse und Modigliani zu sehen.

Wann & Wo
Bis 26. 8. in der Albertina, täglich 10 bis 18, Mi. 10 bis 21 Uhr; Katalog: 25 €

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