Gezeigt werden – mitunter überhaupt erstmals wie der „Sisyphos“ von Franz West – rund 130 Hauptwerke der fast 7.000 Einzelobjekte umfassenden Sammlung, u. a. Werke der international renommierten chinesischen Kreativen Fang Lijun, Minjun Yue und Xiaogang Zhang, selten gezeigte Installationen und Arbeiten des Fluxus-Künstlers Nam June Paik, der Videokünstler Bill Viola und Tony Oursler sowie der in einem „Ironie-Raum“ versammelten Dänen Peter Land und Tal R.
Während im gegenüber liegenden „Schmerz-Raum“ eine Skulptur des Briten Marc Quinn an ein Dokument des Horrors erinnert: Das Foto eines Folteropfers, das mit verhülltem Kopf und an den Händen befestigten Elektroden die Arme ausbreitet, im berüchtigten Gefängnis Abu Ghraib in Bagdad.
Die oben angesprochene Vielfalt der Essl Collection bezieht sich aber auch auf die Medien, die über Malerei und Skulptur weit hinausgeht. Zu eb’ner Erd’ erwarten den Besucher im Künstlerhaus Gemälde, Skulpturen, Objekte, Installationen und Videos, im Untergeschoss Fotografien aus der Sammlung Essl: Neben Künstlern wie Cindy Sherman, Nan Goldin oder Gregory Crewdson ist hier vor allem die Becher-Schule u. a. mit Andreas Gursky, Thomas Ruf, Thomas Struth und Elger Esser vertreten.
Wie ein Raum des Lachens ist hingegen das Intro mit Objekten zum Schmunzeln inszeniert: Das Duo Gilbert & George als Nackedeis in „Bloody People“ blickt scheinbar konsterniert einerseits auf eine knallrote Kot-Wurst von Franz West, andererseits auf eine überlebensgroße Skulptur des rumänischen Bildhauers Virgilius Moldovan: Grotesk und sarkastisch wirken die beiden hyperrealistisch dargestellten Päpste: Benedikt XVI. mit Unterhose und Kopfhäubchen trägt in gebückter Körperhaltung seinen Vorgänger Johannes Paul II. auf dem Rücken.
Und im Hintergrund im Bild „Tien An Men“ wie aus einem Cartoon lachende Männer, das Stilmerkmal von Yue Minjun. Der chinesische Maler und Bildhauer gilt als Protagonist des „zynischen Realismus“ der 90er-Jahre, der für eine kritisch-spöttische Sicht auf die moderne Gesellschaft steht.
„Es war mir immer wichtig, mein Leben mit Träumern zu teilen“, zitiert Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder den gläubigen Protestanten Karlheinz Essl. Der empfinde „das Weltbild des Künstlers, der ganz anders denkt als er selbst, stets als Bereicherung“.
Den Kuratoren Schröder und Elisabeth Dutz ging es um „spannende Dialoge und radikale Gegensätze“.
Dank Essls Weitsicht und Offenheit für das Neue, das ganz Andere ist auch Exemplarisches von Künstlern wie Franz Ringel, Elke Silvia Krystufek und Tal R. Gelitin oder Jonathan Meese zu entdecken, die „unsere traditionellen Vorstellungen einer Ästhetik des Schönen herausfordern“.
Im Gegenüber lässt sich auch Essls Entdeckung von Arnulf Rainer durch Antoni Tàpies nachvollziehen: Für den Katalanen war der österreichische „Übermaler“ der wichtigste Künstler außerhalb Spaniens.
Gegensätzliches auch in zwei aufeinanderfolgenden Räumen: Frühwerke aus den 60er-Jahren von Georg Baselitz, u. a. „Hockender Hund“ (1968), eines seiner „Frakturbilder“; und gleich nebenan sein Kontrahent Neo Rauch, der Momente des Sozialistischen Realismus mit Elementen der Pop-Art und des Comicstrips verbindet.
Ein bisschen unheimlich die Anmutung einer Rauminstallation von Annette Messager, wobei aus gefärbter Ballonseide genähte überdimensionale Körperteile ein- und ausatmen.
Indem Essl Messager und Martha Jungwirth, Albert Oehlen und Daniel Richter sammelte, neben Heimo Zobernig die Amerikaner Alex Katz, Chuck Close und David Salle, außerdem neben Gudrun Kampl die Schweizer Daniel Spoerri, Dieter Roth und Ugo Rondinone, „deckt er wirklich eine Kunstgeschichte ab, wie ich das so in Mitteleuropa nicht kenne, sagt Schröder, „und in Europa nur in wenigen Sammlungen.“
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