Akademie: Professoren-Riege stellt sich hinter Eva Blimlinger

Nur mehr bis zum Herbst Akademie-Rektorin: Eva Blimlinger
Offener Brief: Die Gründe für die Nichtverlängerung des Vertrags seien für die Unterzeichner nicht nachvollziehbar.

In der Akademie der bildenden Künste macht sich nach der Bestellung des Theoretikers Johan F. Hartle zum Rektor ab dem Herbst Katzenjammer breit. In einem offenen Brief bringen insgesamt 44 Lehrende des Instituts für bildende Kunst (von 76) ihr Bedauern über die Nicht-Verlängerung des Vertrags von Eva Blimlinger zum Ausdruck.

Die Akademie sei bei Blimlingers Antritt 2011 „in einer ökonomisch und strukturell äußerst problematischen Situation“ gewesen und stehe nun, nach acht Jahren, „hervorragend“ da. Die Gründe für die Nicht-Verlängerung seien „nicht nachvollziehbar“, es dränge „sich der Gedanke auf, dass Frauen in Machtpositionen kritischer beurteilt werden als männliche Kollegen“.

Unterzeichnet wurde der Brief u.a. von den Professoren Erwin Bohatsch, Carola Dertnig, Veronika Dirnhofer, Mona Hahn, Dorit Margreiter, Daniel Richter, Constanze Ruhm, Ashley Hans Scheirl und Heimo Zobernig.

Der offene Brief im Wortlaut:

Mit diesem offenen Brief möchten wir feststellen, dass es an der Akademie der bildenden Künste unterschiedliche Meinungen zum Ausgang der aktuellen Rektoratswahl gibt. Zugleich sei vorausgeschickt, dass keinesfalls in Zweifel gezogen werden soll, dass das Ergebnis der Wahl ein zu akzeptierendes Resultat eines demokratischen – wenngleich sehr kontroversen – Prozesses ist. Dennoch wollen wir hier unsere Position darlegen, selbstverständlich ohne damit demokratische Grundsätze und Spielregeln, oder die Integrität der demokratiepolitisch so wichtigen, unabhängigen Gremien am Haus und deren Entscheidungsfindungsprozesse in Frage zu stellen. Die Demokratie, für die wir alle einstehen und die wir im aktuellen gesellschaftlichen Klima zunehmend entschlossener verteidigen müssen, basiert auf Dialog, auf Respekt und Transparenz. In diesem Sinne möchten wir hier für einen weiterhin offenen Austausch plädieren.

 

Die untenstehenden Unterzeichner*innen wollen im Hinblick auf die Nicht-Verlängerung des Vertrags von Eva Blimlinger ihr Bedauern darüber zum Ausdruck bringen. Das Institut für bildende Kunst innerhalb der Akademie umfasst insgesamt 76 Lehrende, die unseres Erachtens nicht ausreichend gehört wurden.

Es entspricht nicht unserer Vorstellung von sachlich und politisch verantwortungsvollem Handeln gegenüber der Akademie der bildenden Künste als Institution, dass Eva Blimlinger nicht die Gelegenheit gegeben wurde, ihre dritte – und somit letzte – Amtsperiode von vier Jahren anzutreten. Zur Erinnerung: die Akademie war bei Eva Blimlingers Antritt in einer ökonomisch und strukturell äußerst problematischen Situation und steht nun, nach acht Jahren unter ihrer Leitung, in beiden Hinsichten hervorragend da. Wissend um die Komplexitäten, die repräsentative Demokratie auch immer mit sich bringt, sind wir zugleich der Auffassung, dass die Leistungen des aktuellen Rektorats adäquat gewürdigt werden sollten.

Die Gründe, die dafür ausschlaggebend waren, den Vertrag der amtierenden Rektorin nicht zu verlängern, sind für uns nicht nachvollziehbar. Es drängt sich der Gedanke auf, dass Frauen in Machtpositionen kritischer beurteilt werden als männliche Kollegen. Der Grat zwischen der Wahrnehmung von „Durchsetzungsfähigkeit“ oder „Machtmissbrauch“ ist ein schmaler.

Bekanntlich hat auch der Unirat seiner Bekanntmachung des Wahlergebnisses zur Rektoratswahl folgende Präambel vorangestellt: "Der Universitätsrat (...) drückt dem Rektorat Respekt und Dank für seine Tätigkeit in den vergangenen acht Jahren aus." Auch wir möchten uns diesem Statement anschließen und an dieser Stelle unsere Wertschätzung für die vom Rektorat geleistete Arbeit ausdrücken.

Darüber hinaus wollen wir auch die explizit queer-feministische Positionierung eines ausschließlich mit Frauen besetzten Rektorats hervorheben, die an der Akademie für viele Kolleg*innen neue Möglichkeiten und auch ein neues Selbstverständnis und  -bewusstsein geschaffen hat. Mit großem Bedauern stellen wir fest, dass es leider nicht gelungen ist, dieser genderpolitisch so wichtigen, queer-feministischen Positionierung vor dem Hintergrund eines aktuell überall stattfindenden backlash auf Rektoratsebene eine Kontinuität zu verleihen. Zuletzt wollen wir Eva Blimlinger auch für die klare politische Positionierung der Akademie gerade in Zeiten wie diesen danken.

Weiters möchten wir feststellen, dass diese Entscheidung durchaus weitreichende Folgen für die allgemeine Forschungs- und bildungspolitische Situation in Österreich haben wird, denn Eva Blimlinger wird auch als Vorsitzende der UNIKO zurücktreten und somit ihre hochschulpolitische Arbeit innerhalb eines bedeutenden Gremiums, dessen Entscheidungen die gesamte Universitätslandschaft in Österreich betreffen, nicht fortsetzen können.

Zuletzt möchten wir ausdrücklich festhalten, dass diese Überlegungen keinesfalls als Kritik an jenen Kolleg*innen gedeutet werden sollen, die sich dem Bewerbungsprozess gestellt haben und selbstverständlich auch nicht am künftigen Rektorat, sondern bloß der Vielstimmigkeit Rechnung tragen wollen, die innerhalb dieser Institution existiert.

Mit besten kollegialen Grüßen,

Magdalena Blaszczuk, Erwin Bohatsch, Hannes Böck, Friedemann Derschmidt, Carola Dertnig, Veronika Dirnhofer, Theresa Eipeldauer, Thomas Freiler, Julian Göthe, Martin Guttmann, Mona Hahn, Matthias Hammer, Gerd Hasler, Michael Hedwig, Thomas Heise, Richard Hilbert, Judith Huemer, Irma Jacob, Luisa Kasalicky, Roland Kollnitz, Isabelle Kresse, Josef Lämmermayer, Renate Lorenz, Dorit Margreiter, Gilbert Marx, Kirsi Mikkola, Christian Müllner, Philip Patkowitsch, Michael Part, Marlies Pöschl, Ursula Maria Probst, Richard Reisenberger-Littasy, Thomas Renoldner, Daniel Richter, Constanze Ruhm, Andrea Salzmann, Ashley Hans Scheirl, Sibylle Schwarzkogler, Christian Schwarzwald, Axel Stockburger, Nino Svireli, Rudolf Weisgrab, Gerlind Zeilner, Heimo Zobernig

 

 

 

 

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